Aktiv bleiben im Spital: Das HFR wird zur pyjamafreien Zone

Wer im Spitalbett liegt, trägt normalerweise ein Spitalnachthemd oder sein Pyjama. Doch damit soll jetzt Schluss sein, denn wer normale Kleidung anhat, ist automatisch auch aktiver. Das ist wichtig, denn nach einem Spitalaufenthalt leidet im Schnitt jede dritte Patientin, jeder dritte Patient an mindestens zwei neuen gesundheitlichen Problemen, die hauptsächlich auf den Bewegungsmangel zurückzuführen sind. Die Abteilung Physiotherapie und Ergotherapie setzt sich dafür ein, mehr Bewegung in den HFR-Alltag zu bringen, und hat eigens dafür ein Escape Game entwickelt. «Aktiv bleiben im Spital» – der pyjamafreie Spitalaufenthalt also – ist mittlerweile ein institutionelles Konzept und wird von der Pflegedirektion unterstützt.

Auch wenn sie eigentlich laufen könnten, verbringen Patientinnen und Patienten den Grossteil ihrer Zeit im Spital in der Horizontalen. Dieser Grundsatz ist tief verankert. Unsere Angehörigen bringen uns unser Pyjama und unsere Bettsocken vorbei. Punkt. Doch was hindert uns denn daran – sofern wir denn körperlich dazu in der Lage sind –, aufzustehen, spazieren zu gehen oder unser Bett zu machen? Eigentlich nichts – ausser vielleicht das Spitalnachthemd, das unseren Allerwertesten mehr schlecht als recht bedeckt ... Dieses Nachthemd muss aber nicht tagelang getragen werden. Es ist deshalb schlichtweg eine Frage der Gewohnheit, wenn wir einen Spitalaufenthalt in erster Linie mit Bettlägerigkeit und Pyjama in Verbindung bringen. Studien belegen, dass Patientinnen und Patienten, die eigentlich mobil wären, 23 Stunden am Tag inaktiv sind, also im Sitzen oder Liegen verbringen. Bei Personen, die auf Hilfsmittel angewiesen sind, um sich fortzubewegen, liegt dieser Wert sogar bei 23 Stunden und 48 Minuten!

Dieser Bewegungsmangel hat jedoch drastische Auswirkungen: Bleiben Patientinnen und Patienten im Bett, verlieren sie pro Tag 1 bis 5 Prozent ihrer Muskelmasse. Das hat negative Folgen, insbesondere für ältere Menschen: verminderte Kontrolle der Körperhaltung, also des Gleichgewichts, Verlust der Selbstständigkeit, anhaltende Schwierigkeiten bei Aktivitäten des täglichen Lebens, Niedergeschlagenheit, verringertes Blutplasmavolumen, reduzierte Lungenkapazität sowie Risiko für Dekubitus und Venenthrombosen. Die Liste könnte beliebig erweitert werden. «Nach einem Spitalaufenthalt leidet jede dritte Patientin, jeder dritte Patient an mindestens zwei neuen gesundheitlichen Problemen, die hauptsächlich auf den Bewegungsmangel zurückzuführen sind», erklärt Olivier Rime, Leiter der Abteilung Physiotherapie und Ergotherapie am Standort Freiburg.

Der Therapeut ergänzt: «Studien bestätigen, dass Patientinnen und Patienten bereits am ersten Tag zu Hause doppelt so viele Schritte machen wie noch tags zuvor im Spital. Das zeigt, dass sie durchaus in der Lage sind, sich zu bewegen. Das vorhandene Potenzial wird somit im Spital nicht ausgeschöpft.» Seine Abteilung arbeitet deshalb eng mit dem Ärzte- und Pflegeteam zusammen, um die Patientinnen und Patienten zu ermutigen, sich so viel wie möglich zu bewegen. So werden Tätigkeiten wie das Anziehen von Kleidung und Schuhen, das Einnehmen von Mahlzeiten am Tisch oder das Bettmachen fester Bestandteil im Therapiealltag. «Je schneller die Patientinnen und Patienten zu ihren Gewohnheiten zurückkehren, desto schneller können sie nach Hause.»

Mit Slogans wie «Aufstehen, anziehen, aktiv werden!» oder «Das Bett ist zum Schlafen da!» wurde eine Kampagne lanciert, die Patientinnen und Patienten auf die Vorteile von Bewegung aufmerksam machen soll. Damit geht auch die Empfehlung einher, täglich mindestens 900 Schritte (also viermal den Spitalgang rauf und runter) zu laufen, um Komplikationen im Zusammenhang mit dem Spitalaufenthalt zu vermeiden.

 

Das Team der Abteilung Physiotherapie und Ergotherapie weiss aber natürlich auch um die Herausforderungen, die ein Spitalaufenthalt mit sich bringen kann (Motivationstief, wenig stimulierende Umgebung), und scheut deshalb keine Mühe und keinen Aufwand, um die Mobilität der Patientinnen und Patienten zu fördern. Ziel ist es, eine stimulierende und motivierende Umgebung zu schaffen. So werden zum Beispiel jeden Nachmittag Fitnesskurse und Flashmobs angeboten. Im 9. (und somit obersten!) Stockwerk wurde zudem ein Bücherschrank eingerichtet – Gipfelerlebnis inklusive also! Jetzt wurde ein weiteres aussergewöhnliches Projekt ins Leben gerufen: das Escape Game.

Das Game wurde von den Teams am HFR entwickelt und kann in zwei Varianten gespielt werden: Escape Room richtet sich an Patientinnen und Patienten, die weniger mobil sind, Escape Hospital ist für jene bestimmt, die den Spitalmauern möglichst rasch entfliehen möchten. Hinweise, Bilderrätsel und Riesenpuzzles wurden im ganzen Spital verteilt. Gerüstet mit ihrem Reisetagebuch, das alle Instruktionen enthält, laufen die Patientinnen und Patienten durch die Gänge und Stockwerke, holen hier ein Flugticket ab, finden dort die Lösung eines Rätsels und erhalten am Ende des Spiels eine Postkarte, die sie ihren Angehörigen schicken können. Und siehe da, an einem Tag oder über mehrere Tage verteilt wurden ganz nebenbei genügend Schritte gemacht, um die negativen Auswirkungen mangelnder Bewegung zu vermeiden.

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