Sehnenentzündungen: Was stimmt, was nicht?

Fehlhaltungen, repetitive Bewegungen, Gelenküberlastung: Die Ursachen für Sehnenentzündungen sind zahlreich, die falschen Vorstellungen über die richtige Behandlung auch. Wir fragen nach.

Bei der Behandlung von Sehnenentzündungen gehen die Meinungen auseinander: Schonen oder nicht, Wärme oder Kälte, Milchprodukte meiden? Wer dies beantworten will, muss erst wissen, worum es geht: «Eine Sehnenentzündung oder Tendinitis ist eine Schädigung des Sehnengewebes aufgrund einer wiederholten oder heftigen Belastung», erklärt Florence Walther, Fachexpertin Ergotherapie. «Heute spricht man jedoch eher von einem Sehnenleiden (Tendopathie), weil es sich um eine degenerative Veränderung und nicht um Mikroverletzungen handelt», ergänzt ihr Kollege aus der Physiotherapie, Marco Passarella.

Es kann jeden treffen

Niemand ist vor diesem Leiden gefeit, das drei Prozent der arbeitstätigen Bevölkerung betrifft. «Erkrankungen des Bewegungsapparates sind für ganze 26 Prozent der krankheitsbedingten Ausfälle verantwortlich und kosten rund die Hälfte mehr als Berufsunfälle», gibt Florence Walther zu bedenken, wobei sie sich auf aktuelle Untersuchungen stützt.

Ergotherapeuten und Physiotherapeuten haben deswegen sowohl aktive Sportler wie Sekretärinnen und Magaziner auf der Behandlungsliege. «90 Prozent der Sekretärinnen leiden unter dem Mausarm, auch bekannt als RSI-Syndrom (repetitive strain injury), weil sie in der falschen Haltung am Computer sitzen», berichtet Marco Passarella. «Nicht nur in gewissen Sportarten, auch in vielen Berufen gibt es monotone Bewegungen oder wiederholte Fehlhaltungen.» Frauen scheinen zudem anfälliger für Sehnenleiden.

Richtig oder falsch?

Schonung: «Ein weit verbreiteter Irrtum», sind sich Florence Walther und Marco Passarella sofort einig. «Klar muss die betroffene Stelle entlastet, die schmerzende Bewegung vermieden und zwischen aktiven und Ruhephasen abgewechselt werden, aber man muss trotzdem aktiv bleiben, sonst wird es nur schlimmer.»

Kälte oder Wärme? «Kälte kann helfen, die Entzündung zu lindern, Wärme entspannt die Muskeln.» Am besten ist, beide Anwendungen zu kombinieren: «Halten Sie die schmerzende Gliedmasse erst ins warme, dann ins kalte Wasser», empfiehlt der Physiotherapeut. «Zuerst gilt es, die Schmerzen zu lindern, danach erst lässt sich die Funktion therapieren.»

Lehmwickel: Das Gewicht und die kühlende Wirkung des Wickels können wohltuend sein.

Verzicht auf Milchprodukte: «Das ist sehr umstritten», so die beiden Fachleute. «Milchsäure wird verschrien, die entzündungshemmende Wirkung von Nahrungsmitteln wie Tomaten oder grünem Blattgemüse dagegen hochgelobt», fasst Florence Walther zusammen. «Sicher ist nur, dass eine gesunde Ernährung und regelmässige Bewegung helfen.»

Ätherische Öle: «Gegen ihre Anwendung ist nichts einzuwenden, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass das Öl bis zur betroffenen Sehne durchdringt.»

Medikamente: Paracetamol ist das Mittel der Wahl. Nichtsteroidale Entzündungshemmer wie Ibuprofen sind umstritten.

Prävention: Diese wird von beiden Experten vorbehaltlos empfohlen: «Richten Sie Ihren Arbeitsplatz ergonomisch ein und pflegen Sie einen aktiven Lebensstil mit viel Bewegung und gesunder Ernährung.»