Nach 22 Jahren am HFR gibt Dr. med. Philippe de Gottrau den Stab weiter

22 Jahre lang leitete Dr. med. Philippe de Gottrau die Abteilung Ophthalmologie am HFR Freiburg – Kantonsspital. Ende September übergab er die Abteilung an seinen Nachfolger. Porträt eines engagierten Arztes.

«Er ist immer am rennen. Immer.» Kein Wunder, dass die 22 Jahre, die Dr. med. Philippe de Gottrau an der Spitze der Abteilung Ophthalmologie am HFR Freiburg – Kantonsspital verbracht hat, für ihn wie im Flug vergangen sind. Ende September legte er den Chefarzt-Kittel endgültig ab und übergab die Leitung der Abteilung seinem Nachfolger, Dr. med. Manolito Finger. «Ein Kapitel schliesst sich und ein neues beginnt», sinniert Dr. med. de Gottrau. Auf die vergangenen Kapitel seiner Karriere blickt er gerne zurück.

Wie sein Nachname vermuten lässt, stammt Philippe de Gottrau ursprünglich aus Freiburg. Doch sein Akzent verrät: Aufgewachsen ist er in Genf, wo er über 40 Jahre lang lebte. «Als Kind wollte ich Architekt werden. Das Interesse für die Medizin kam erst später, im Gymnasium, ausgelöst durch eine Arbeit zum Thema Euthanasie.»

Er studierte also Medizin in Genf. «Mein Praktikum in der Inneren Medizin absolvierte ich aber hier in Freiburg. Meine Grosseltern wohnten hier, ebenso einige Cousins und Bekannte. Meine Eltern stammen beide aus Freiburg und auch meine Frau ist Freiburgerin.»

Die Entscheidung für seine Spezialisierung, die Ophthalmologie, fiel bei einer seiner ersten Arbeiten als Anatomietutor für Studierende im zweiten Jahr. «Ich habe die Augenhöhle und ihre Gefäss-, Nerven- und Muskelsysteme gründlich untersucht. Dann habe ich das Thema in meiner Doktorarbeit vertieft.»

 

Weitblick

Nach seiner Ausbildung im Spital in Genf absolvierte Philippe de Gottrau Praktika in Basel und Deutschland, wo er sein Deutsch aufpolierte – nützlich für das Praktizieren in der Schweiz, unerlässlich, um sich in Freiburg niederzulassen. «Durch die zahlreichen Militärdienste bin ich auch mit dem Schweizerdeutsch vertraut geworden. Ich kann mich also in einer eigenen Sprachmischung ausdrücken, die entfernt dem Senslerdeutsch ähnelt. Diese Kenntnis der Mehrheitssprache in der Schweiz hat es mir immer ermöglicht, Brücken über die Saane zu schlagen, und hat mir auch in meiner Zeit als Präsident der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft in den Jahren 2014 und 2015 sehr geholfen.»

Zurück in Genf bekleidete er zunächst eine Position als Oberarzt und später als erster Oberarzt mit der Verantwortung für den Bereich Augenpathologie und okuloplastische Chirurgie. Ab 1995 teilte er seine Zeit jeweils zur Hälfte zwischen dem HUG in Genf und einer Privatpraxis am Daler-Spital in Freiburg auf. Per 1. Oktober 2002 wurde er zum Leiter der Abteilung Ophthalmologie am HFR Freiburg – Kantonsspital ernannt, wobei er seine Tätigkeit im privaten Bereich zu 20 Prozent weiterführte.

Inspiriert von den Entwicklungen in diesem Bereich, setzte sich Philippe de Gottrau dafür ein, dass die ambulante Versorgung zum Standard wird und sich das HFR diesem Trend anpasst. «Produktivität und Effizienz sind auch im medizinischen Bereich wichtig. Ich habe in diese Richtung gedrängt und wurde nicht immer verstanden.»

 

Weitergabe von Wissen

Nichtsdestotrotz ist Philippe de Gottrau dem HFR und dem Kanton Freiburg sehr dankbar. «Das Spital hat mir die Möglichkeit geboten, meinen Beruf unter sehr guten Bedingungen auszuüben und mich persönlich weiterzuentwickeln, um in meinem Bereich immer weiterzukommen, ohne mich auf dem bereits erworbenen Wissen auszuruhen.»

Die Weitergabe seines Wissens gehörte dabei für ihn zu den wichtigsten seiner Aufgaben: «Ich bin stolz darauf, viele junge Ärztinnen und Ärzte, darunter auch meinen Nachfolger, ausgebildet und einen «Freiburger Stil» in der Chirurgie weitergegeben zu haben.»

Als Wissensvermittler reist er ausserdem jedes Jahr für zehn Tage nach Algerien, um dort für eine humanitäre Organisation zu arbeiten. «Wir operieren Bedürftige, aber vor allem geben wir unser Wissen an unsere algerischen Kolleginnen und Kollegen weiter.» Dieses Engagement will er auch in den kommenden Jahren fortsetzen.

«Ich bin immer noch begeistert von meinem Beruf! Es ist fast wie ein Hobby, weil es mir so viel Spass macht, aber ich werde nicht bei der Arbeit sterben.» Philippe de Gottrau hat sich dafür entschieden, das HFR beim Erreichen des offiziellen Rentenalters zu verlassen, obwohl er seine Funktion noch zwei weitere Jahre hätte ausüben können. Seine Tätigkeit im privaten Bereich in der Peripherie von Freiburg wird er jedoch noch weiterführen.

 

Teamgeist

«So kann ich den Fuss langsam vom Gaspedal nehmen», hofft er. «Ich werde auch weniger Verantwortung tragen als hier, wo man als Chef eine gewisse Freiheit hat, aber auch viele Vorgaben, und manchmal einsam ist ...» Ist er seiner Funktion überdrüssig geworden? «Nicht in Bezug auf die Funktion selbst, aber ich habe das Gefühl, dass ich weniger Lust habe, dafür zu kämpfen, meine Ideen durchzusetzen. Und ich denke, damit sich ein Spital weiterentwickeln kann, braucht es Menschen, Ärztinnen und Ärzte, die mit Überzeugung kämpfen. Ein Kapitel geht zu Ende und das ist richtig so, wie es auch richtig war, meinen Posten als Präsident von Fribourg Olympic im letzten Jahr abzugeben.»

Basketball war schon immer eine Leidenschaft von Philippe de Gottrau, zuerst als Spieler in der B-Liga und dann als Präsident von Fribourg Olympic. Ein intensives, ereignisreiches Amt, das ihm viele Emotionen bescherte, die er mit seinen Kolleginnen und Kollegen und seinen Mitarbeitenden teilte. Nicole Hayoz, seine Sekretärin, kann ein Lied davon singen!

Intensiv und ereignisreich waren auch die jährlichen Ausflüge, die Philippe de Gottrau jeweils mit Begeisterung für das gesamte Team der Ophthalmologie organisierte. «Es war immer ein Donnerstag. Er nannte uns eine Uhrzeit und einen Treffpunkt, aber wir hatte keine Ahnung, was uns erwartete», erzählt Nicole Hayoz. Diese Teamevents waren wie Schulausflüge: wertvolle Momente, um den Teamgeist zu stärken und gleichzeitig neue Orte zu entdecken. Und es entstanden schöne Erinnerungen, von denen die Fotos in der Cafeteria der Abteilung zeugen.

Philippe de Gottrau erzählt weiter, wie dankbar er seiner Frau und seinen vier Kindern dafür ist, dass sie ihn in seinen verschiedenen Funktionen und Beschäftigungen immer unterstützt haben. «Diese Aktivitäten haben mich glücklich gemacht und machen mich noch immer glücklich. Aber mein Weggang ist ein logischer Schritt. Es werden sich neue Türen öffnen und ausserdem bin ich kürzlich Grossvater geworden.»