Piktogramme sagen mehr als 1000 Worte: Das HFR lanciert eine neue App
Kommunikation ist in der Beziehung zwischen Pflegenden und Patienten zentral. Um diese wertvolle Ressource zu stärken, geht das freiburger spital (HFR) neue Wege: Die Abteilungen Kommunikation und Logopädie sowie die Fachexpertengruppe des HFR haben gemeinsam eine App entwickelt, die es Patientinnen und Patienten ermöglicht, ihre Grundbedürfnisse mithilfe von Piktogrammen auszudrücken, wenn sie sich nicht mit sprachlichen Mitteln verständigen können.
„Es geht nicht darum, mit den Patienten tiefsinnige Gespräche zu führen, sondern darum, gemeinsam mit ihnen ihre Bedürfnisse und Empfindungen zu ermitteln“, betont Juliette Belissent, Leiterin der Pflege-Fachexpertengruppe des HFR. Zu wissen, ob der Patient Schmerzen hat, ob ihm kalt ist, ob er Angst hat, ob er gerne duschen möchte – all diese wichtigen Informationen kann das Pflegepersonal nicht erraten, sondern muss sie bei der Patientin oder dem Patienten in Erfahrung bringen.
Bis anhin hat sich das Pflegepersonal bei sprachlich beeinträchtigten Patienten mit Gesten und kleinen Zeichnungen beholfen. Dank der App, welche die Abteilung Kommunikation des HFR entwickelt hat, kann es den Patienten nun verschiedene Piktogramme auf einem Tablet präsentieren. „Wir haben das Rad nicht neu erfunden“, stellt Juliette Belissent klar. „Wir liessen uns, wie in der App erwähnt, von einer bestehenden Bildtafel inspirieren, die wir punktuell vereinfacht oder ergänzt haben.“
Auch für Hörgeschädigte und Fremdsprachige
Ausgewählt wurden die Piktogramme gemeinsam mit Logopäden, die täglich mit Menschen zu tun haben, die sich nach einer kardiovaskulären Erkrankung, einer Hirnblutung oder anderen Verletzungen in der Rehabilitation befinden. „Wir hatten rasch ziemlich klare Vorstellungen von dem, was wir brauchen“, so die Leiterin der Fachexpertengruppe. So konnte das Piktogramm-Projekt trotz der Covid-19-Pandemie innerhalb weniger Monate ins Leben gerufen werden.
Hörgeschädigte sind eine weitere Patientengruppe, die dank dieser App besser betreut werden kann: Für sie verfügt die App zusätzlich zu den fünf Bedürfniskategorien über eine Registerkarte zur freien Texteingabe.
Darüber hinaus kann die App, auch wenn sie nicht eigens dafür entwickelt wurde, den Austausch mit fremdsprachigen Patienten erleichtern. „Für sie werden wir weiterhin lieber Dolmetscher einsetzen“, versichert Juliette Belissent. „Es wird aber immer Momente geben, in denen kurzfristig kein Dolmetscher anwesend ist und die Kommunikation dank der App trotzdem sichergestellt werden kann.“
Juliette Belissent, Leiterin der Fachexpertengruppe des freiburger spitals (HFR), konnte die Praxistauglichkeit der Piktogramm-App gleich selbst testen: „Wenige Tage, nachdem ich von der Abteilung Kommunikation erfahren hatte, dass die App einsatzbereit ist, ist mein Vater auf der Treppe gestürzt“, berichtet sie. Die Folge: eine Hirnblutung mit Broca-Aphasie (teilweiser Sprachverlust).
„Tagelang haben wir über mein Tablet und die HFR-App kommuniziert. Es war eine echte Erleichterung, zu wissen, ob er Schmerzen hatte, ob er besorgt oder zuversichtlich war. Ich kann somit bezeugen, dass das System selbst bei einem 80-Jährigen funktioniert, der technisch kaum versiert ist.“
Die Freiburger Fachexpertin Pflege lieh ihr Tablet sogar dem Pflegepersonal der Klinik, in der ihr Vater betreut wurde. „Es gab kein Instrument, um mit Patienten zu kommunizieren, die sich nicht ausdrücken können“, hält Juliette Belissent fest. Die am HFR entwickelte Anwendung könnte demnach weit über die eigenen Pflegeabteilungen hinaus von Nutzen sein.