„Die Neonatologie des HFR ist meine zweite Familie“

Ihre Geschichte ist jene der Neonatologie des HFR. Und wie bei jeder Erzählung, die einem ans Herz gewachsen ist, löst das Ende wehmütige Gefühle aus. Rose-Marie Mettraux jedenfalls scheint eher bereit für eine Fortsetzung als für ein neues Kapitel.

Ihre Stimme ist sanft, die Entschlossenheit dahinter jedoch deutlich spürbar. Dreiundvierzig Jahre lang hat Rose-Marie Mettraux ihren Beruf ausgeübt. Beruf? Eher eine Berufung, wenn man ihr zuhört: „Eine Leidenschaft; meine zweite Familie!“ Als frisch diplomierte Krankenschwester, wie es damals noch hiess, trat Rose-Marie Mettraux am 3. November 1980 in die Säuglingsabteilung des damaligen Kantonsspitals ein, die kranke Neugeborene und Babys bis zu einem Alter von zehn Monaten aufnahm. Seither ist sie dem HFR und der künftigen Neonatologie treu geblieben.

Die Wahl ihres Wirkungsfeldes fiel ihr nicht schwer: „Schon während meiner Ausbildung in Kinderkrankenpflege, Wochen- und Säuglingspflege im Kinderspital Luzern wusste ich, dass ich mit Frühchen arbeiten wollte. Mit ihnen fühlte ich mich einfach wohl; weshalb, kann ich nicht genau sagen.“ Zurück in ihrem Heimatkanton war es für die gebürtige Senslerin klar, dass ihr Weg in die Säuglingsabteilung des Kantonsspitals führte. „Vor dem damaligen Chef, Doktor François Renevey, hatte ich grossen Respekt. Noch heute habe ich Mühe, ihn zu duzen, wenn ich ihm begegne“, bekennt sie – andere Zeiten, andere Sitten. „Die Krankenschwestern führten die ärztlichen Anweisungen aus, ohne sie zu hinterfragen. Heute arbeiten Pflegefachpersonen vielmehr partnerschaftlich mit den Ärztinnen und Ärzten zusammen.“ Nicht nur das Miteinander, auch die Technologie hat sich gewandelt: „Stellen Sie sich vor: Wenn damals ein Neugeborenes ins HFR verlegt werden musste, wurde es von einer Krankenschwester des Daler-Spitals und dem Vater in einem Tragekorb hinübergebracht. Heute wird es vom diensthabenden Chefarzt und einer Pflegefachperson mit der Ambulanz und einem Transportinkubator abgeholt.“

Der Stolz über diese Fortschritte ist ihr anzuhören: „Das alles können wir der Freiburger Bevölkerung heute bieten! Wir müssen strengste Anforderungen erfüllen, damit die Freiburgerinnen und Freiburger eine Versorgung dieser Qualität erhalten und sie die Möglichkeit haben, ihr Baby in ihrem Kanton betreuen zu lassen!“

Risiko Geburt
Natürlich gab es auch schwierige Momente: „Auf die Welt zu kommen ist sicher etwas vom Gefährlichsten im Leben. Man weiss nie im Voraus, wie sich alles entwickelt. Doch wir haben schon vielen Familien geholfen und tun dies weiterhin. Diese Begleitung ist etwas unglaublich Schönes.“ Bei allem Mitgefühl bleibt Rose-Marie Mettraux stets Profi: „Ich bin Pflegefachfrau bis in die Zehenspitzen und dazu verantwortlich für ein dreissigköpfiges Team, da ist Professionalität das A und O.“

Und ihr Team? Auch dieses Wort greift zu kurz: Für Rose-Marie Mettraux ist es ihre „zweite Familie“. Mit gutem Beispiel vorangehen, künftige Entwicklungen voraussehen und die Richtung vorgeben: „Wir ziehen alle am gleichen Strick, das gefällt mir.“ Dabei muss sie sich zuweilen durchsetzen: „Ich weiss, dass ich manchmal etwas zu direkt bin“, gibt sie zu. Doch all diese Eigenschaften haben ihr Team gefestigt und sehr selbstständig gemacht: „Dass die Abteilung auch ohne mich läuft, ist unser Erfolgsrezept!“ Dieses funktioniert mittlerweile seit 1995, als sie gemeinsam mit einer Kollegin die Stationsleitung übernahm. Seit 2010 ist sie alleine für die Abteilung verantwortlich. „Das HFR hat mir damit die Chance gegeben, mich beruflich weiterzuentwickeln und gleichzeitig Privat- und Berufsleben zu vereinbaren.“

Ihr Arbeitspensum hat sich im Laufe der Jahre und mit der Geburt ihrer drei Kinder zwar immer wieder verändert, aber ganz aufgehört zu arbeiten hat sie nie. Die Pensionierung wird daher eine Zäsur sein: „Ich will nicht aufhören, ich liebe meinen Beruf. Aber man muss auch den Jungen Platz machen und ich will nicht die sein, die den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören verpasst hat.“ Auf die Frage, was sie ab dem 1. Juni machen wird, hat Rose-Marie Mettraux allerdings noch keine Antwort: Sie will die letzten Seiten des Kapitels „Neonatologie“ bis zum Schluss auskosten.

 

Rose-Marie_Mettraux