„Weiterleben, auch wenn die Tage gezählt sind“
Dreissig Jahre lang hat sich Janine Buchs Roulin ihren Patientinnen und Patienten am HFR gewidmet, darunter fünfzehn Jahre in der Abteilung Palliative Care. Ein Bereich, dem sie sich mit Leib und Seele verschrieben hat, denn für sie ist klar: Auch die letzte Lebensphase verdient es, wertgeschätzt zu werden.
Soweit sie sich erinnern kann, hat Janine Buchs Roulin nie wirklich Angst vor dem Tod gehabt. „Er gehört zum Leben. Und das Leben zählt bis ganz zuletzt“, vertraut sie uns einige Wochen vor ihrer Pensionierung an. Für den Ruhestand hat sie schon einiges mit ihrem Ehemann Gérard geplant, ausserdem will sie Zeit mit ihren Kindern und Enkelkindern verbringen. „Ich bin aber offen für alles, was auf mich zukommt.“
Dreissig Jahre hat Janine Buchs Roulin am HFR verbracht, die letzten fünfzehn in der Abteilung Palliative Care: erst in Châtel-Saint-Denis, wo die Abteilung unter der ärztlichen Leitung von Dr. med. Patricia Vuichard 2001 eröffnet wurde – „ich habe schon in der Onkologie mit ihr zusammengearbeitet“ –, ab 2014, nach dem Umzug der Abteilung, in der Villa St François. Die Ankunft in Villars-sur-Glâne war für sie ein Wendepunkt: „Wir zogen vom Spital in ein Haus um ... und zwar in eines, das viel Wärme ausstrahlt.“
Im Garten der Villa, im Schatten eines Baumes, erzählt Janine Buchs Roulin von der Palliative Care, diesem Bereich der Pflege, der anders ist als die andern: „Was bleibt zu tun, wenn nichts mehr getan werden kann?“ Vieles, ist sich die Pflegefachfrau sicher, die beim Kennenlernen jedem Patienten, der in die Villa St. François eintritt, zwei Fragen stellt: „Was ist Ihnen jetzt, in diesem Moment, wichtig?“ und „Wie möchten Sie diese letzte Lebensphase erleben?“ Natürlich weiss sie, dass es schwierig sein kann, weiterzuleben, wenn die Tage gezählt sind und sich das körperliche und seelische Leiden nicht lindern lässt. „Doch ich versuche, dem Menschen mit meiner Anwesenheit, meinem Blick und meinen Händen das Gefühl zu geben, dass er wichtig ist. Ich bemühe mich, Pflege in ihrem ursprünglichen Sinn zu leben und nicht im Sinn einer Leistung“, betont sie. Pflege als Kunst, Wissen und Handeln miteinander zu verbinden, zum Wohl des Patienten, aber auch seiner Angehörigen.
Dieses Anliegen lässt sie nach wie vor für ihre Arbeit brennen, die ihr aber auch zuweilen viel abverlangt. „Es gibt schwierige Momente, die mich ermüden. Doch nach einer Erholungspause bin ich wieder bereit für den nächsten Tag. Einfach immer eins nach dem andern!“ Dieses Motto hilft beim Durchhalten. „Das Team ist natürlich auch sehr wichtig“, schiebt die bald 60-jährige Freiburgerin sogleich nach. Sie erwähnt das bewundernswerte Engagement der Freiwilligen sowie ihre Kolleginnen und Kollegen, darunter die Stationsleiterin Sylvie Dias Ferreira Francisco: „Sie ist für mich untrennbar mit der Abteilung verbunden: menschlich, motivierend, einzigartig und immer auf der Suche nach Lösungen“. Am Chefarzt, Dr. med. Boris Cantin, schätzt sie sein geselliges Wesen und sein Lachen, und an all den anderen Mitarbeitenden der Abteilung, wie sie zu einem positiven und motivierenden Klima beitragen.
Das Team, aber auch die Patienten geben ihr viel zurück. „Ich bin aus dem gestrickt, was ich in all den Jahren erlebt habe. Von den Patienten habe ich viel gelernt, vor allem, wie wichtig Familie und Freunde sind. Ausserdem habe ich gelernt, dass es wichtig und normal ist, über den Tod zu sprechen. Er kommt deswegen nicht schneller! Doch es hilft, sich darauf vorzubereiten. Und nicht zuletzt, dass Gesundheit ein Geschenk ist und wir verantwortlich sind, unsere Zeit nicht zu vergeuden!“
Die Villa St. François lehrt uns, was wirklich zählt: das Miteinander, das Hier und Jetzt und das Leben ... bis zum letzten Tag, einer nach dem andern.