Sich einfach nützlich machen
«In edlen Seelen wartet die Tapferkeit nicht auf die Zahl der Jahre.» Dieses Zitat aus Corneilles Cid passt gut zu Aurélien Annichini. Der 20-jährige Leutnant war während der zweiten Covid-19-Welle am HFR im Einsatz.
Dreissig Minuten. So lange dauerte es, bis Aurélien Annichini an seinem ersten Arbeitstag nach Arbeitsbeginn um 7 Uhr morgens zum ersten Mal mit dem Tod eines Patienten konfrontiert war. «Das zeigte mir, worum es hier ging», erklärt der junge Leutnant. Trotzdem zögerte er keine Sekunde. «Im Sommer war ich noch Sanitätssoldat in der Rekrutenschule, als sich eine zweite Welle abzeichnete. Je näher sie rückte, desto sicherer war es, das wir mobilisiert werden würden. Für mich stand fest, dass ich mich freiwillig melde.»
Nachdem er am Freitagabend seine militärische Ausbildung abgeschlossen hatte, erhielt er bereits am Samstag eine E-Mail. «Der Einsatz startete am Dienstag darauf, am 3. November, und am Samstag, 7. November kam ich am HFR an.» Für den Freiburger, der sich eine Karriere als Rettungssanitäter oder Arzt vorstellen kann, war es selbstverständlich, die Spitäler zu unterstützen.
«Schlimm und lehrreich zugleich»
Für den ausgebildeten Sanitätssoldaten war es das erste Mal, dass er sich um echte Patienten kümmerte. «Es war speziell, weil die Situation zugleich schlimm und lehrreich war.» Aurélien Annichini erinnert sich begeistert daran, wie gut er vom Ärzte- und Pflegeteam aufgenommen wurde und wie rasch er sich selbstständig um die Patienten kümmern, ihnen Komfort verschaffen und sie trösten konnte. Eine wahre Berufung: «Ich konnte mich wirklich nützlich machen.»
Die Erfahrung war wertvoll, aber nicht immer einfach: «Uns war klar, dass uns keine leichte Aufgabe erwartet.» Trotzdem habe ihn die Intensität, mit der die Pandemiewelle das Spital traf, überrascht. «Die Leute ausserhalb des Spitals konnten sich das gar nicht vorstellen ... »
Sein Einsatz in den Abteilungen, die sich ausschliesslich um Covid-19-Patienten kümmern, zeigte ihm das ganze Ausmass der Krise. «Zum Glück hatten wir jeden Tag Debriefings. Darin konnten wir nach unseren 12-Stunden-Schichten unseren Einsatz verarbeiten oder mit dem Seelsorger der Armee sprechen und uns Dinge von der Seele reden, bevor wir nach Hause gingen.»
Unvergessliche Wochen
Drei Wochen dauerte der Einsatz von Aurélien Annichini am HFR. Drei Wochen, die ihm viel abverlangten. Doch er denkt nicht daran, sich zu beklagen: «Ich bewundere das Personal, das während des ganzen Jahres Covid-19-Kranke, aber auch alle anderen Patienten betreut!»