Nierensteine: neue Fakten zur Wirksamkeit einer gängigen Behandlung

Das renommierte New England Journal of Medicine hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, an der auch Prof. Dr. med. Olivier Bonny und Dr. med. Nicolas Faller beteiligt waren. Die Studie stellt ein Medikament in Frage, das schon seit den 1960er-Jahren zur Vorbeugung von Nierensteinen eingesetzt wird.

„Wir alle kennen mindestens jemanden, der Nierensteine hatte“, so Professor Olivier Bonny, Chefarzt Nephrologie am HFR. „Nierensteine sind nämlich sehr häufig, jede zehnte Person ist betroffen!“ Zusammen mit seinem Kollegen Dr. med. Nicolas Faller und zahlreichen weiteren Nephrologinnen und Nephrologen an zwölf Schweizer Spitälern haben sie Hydrochlorothiazid untersucht – ein Medikament, das verschrieben wird, um das Rückfallrisiko bei Nierensteinen zu senken. Die Arbeit der beiden Spezialisten am Lausanner Universitätsspital CHUV und am Berner Inselspital wurde vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. Ziel war es, die Wirksamkeit und die Nebenwirkungen dieses Medikaments, das bereits seit über 60 Jahren weit verbreitet ist, zu untersuchen.

Hydrochlorothiazid ist ein harntreibendes Medikament, das häufig in geringen Dosen gegen Bluthochdruck verschrieben wird. Es hilft dem Körper, weniger Kalzium über den Urin auszuscheiden, sodass es gar nicht erst nicht in die Nieren gelangt und der Urin somit weniger Kalziumkristalle enthält. „Wir haben vier Patientengruppen gebildet: Drei Gruppen erhielten Hydrochlorothiazid in unterschiedlichen Dosierungen, eine Gruppe bekam Placebo“, erläutert Professor Bonny. „Dabei haben wir beobachtet, dass es in allen Gruppen gleich viele Rückfälle gab und dass das Medikament in hohen Dosierungen erhebliche Nebenwirkungen zur Folge hat, zum Beispiel Diabetes, Gichtanfälle oder einen zu niedrigen Kaliumspiegel.“

Prävention durch Ernährung

Diese Ergebnisse stellen die derzeitige Verschreibungspraxis in Frage. „Die Studie widerspricht in der Tat den bestehenden Leitlinien und hat in der medizinischen Gemeinschaft eine Debatte ausgelöst.“ Die Frage ist nun nämlich, ob das Medikament weiterhin zum Einsatz kommen soll, in welcher Dosierung und für wie lange. „Bereits heute verordnet man es weniger oft oder kombiniert es mit Citrat, einem anderen, ebenso gängigen Medikament, das aber weniger Nebenwirkungen hat. Doch vor allem hilft man den Patientinnen und Patienten, ihre Ernährung umzustellen.“ Zu viel Salz oder tierisches Eiweiss sowie zu wenig Flüssigkeit, Milchprodukte, Obst und Gemüse sind oft die Wurzel allen Übels. „Auf diese Weise muss das Medikament weniger lang eingenommen werden, d. h. nur solange, bis die Ernährung umgestellt ist.“

Hören Sie sich die Erläuterungen von Professor Bonny in der Sendung CQFD des Westschweizer Radios RTS an (auf Französisch)

 

Weltweite Auswirkungen

Die Ergebnisse dieser Studie veranlassen Ärztinnen und Ärzte, den Einsatz von Hydrochlorothiazid zu überdenken – nicht nur in der Schweiz. Dass die Studie in der renommierten Fachzeitschrift The New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, garantiert ihr weltweite Aufmerksamkeit. „Diese Zeitschrift wird von Ärztinnen und Ärzten weltweit gelesen und setzt Standards“, bestätigt Professor Olivier Bonny. „Im Fall dieser Studie geht ihre Wirkung gar über die Fachkreise hinaus: Gerade weil Nierensteine so häufig vorkommen, sind nicht nur Fachärztinnen und Fachärzte der Nephrologie und der Urologie betroffen, sondern auch der Allgemeinmedizin.“

Link zur Publikation: Hydrochlorothiazide and Prevention of Kidney-Stone Recurrence | NEJM

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