Die bildgebenden Verfahren sind das Herzstück jedes Spitals
Seit ihrer Erfindung Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die Radiologie laufend weiterentwickelt und ist für den Gesundheitsbereich immer wichtiger geworden. Prof. Dr. med. Harriet Thöny, Chefärztin der Klinik für Radiologie des HFR, und Suzanne Horlacher, Leitende Fachfrau für medizinisch-technische Radiologie (MTRA), geben Einblick in ihr Fachgebiet.
Was sind bildgebende Verfahren?
Suzanne Horlacher: Darunter versteht man sämtliche Verfahren, mit denen man das Innere des menschlichen Körpers abbilden kann. Sie machen sichtbar, was dem blossen Auge verborgen bleibt. Prof.
Dr. med. Harriet Thöny: Man muss wissen, dass dieses Fachgebiet sehr unterschiedliche Technologien nutzt. So kommen nicht nur Röntgenstrahlen – für herkömmliche Röntgenuntersuchungen, Mammografie oder Computertomografie – zum Einsatz, sondern auch Magnetresonanztomografie (MRT oder MRI), Ultraschall (Sonografie) und radioaktive Isotope (Nuklearmedizin).
Werden diese Verfahren nur zu diagnostischen Zwecken genutzt?
HT: Die digitale Bildgebung, die ursprünglich dafür eingesetzt wurde, krankhafte Veränderungen zu erkennen, hat den Rahmen der einfachen anatomischen Untersuchung allmählich gesprengt. Heute wird sie zusehends zu therapeutischen Zwecken genutzt; man spricht dann von interventioneller Radiologie, im Gegensatz zur Röntgendiagnostik. Die interventionelle Radiologie nutzt die digitale Bildgebung, um minimalinvasive diagnostische oder therapeutische Eingriffe vorzunehmen, ohne den Patienten dafür «öffnen» zu müssen. Diese wenig invasive Methode benötigt meist nur eine örtliche Betäubung und kann ambulant angewendet werden. Sie entwickelt sich nach wie vor rasant weiter.
Haben Sie Beispiele für solche Behandlungen?
SH: Vor zehn Jahren musste man bei einer verstopften Arterie ins Spital, um sich allenfalls operieren zu lassen. Heute reicht es in den meisten Fällen aus, die Arterie zu punktieren, einen millimeterdünnen Katheter einzuführen und die betroffene Stelle wieder durchgängig zu machen.
HT: Auch bei Abszessen, zum Beispiel nach einer Operation, lässt sich mit einer einfachen Drainage über die Haut Abhilfe schaffen. Oder nach einem Unfall mit Milzriss: Früher musste das Organ wegen der inneren Blutungen gleich entfernt werden. Heute ist es möglich, mit einem Katheter, der in die Leiste eingeführt wird, die verletzten Blutgefässe direkt zu erreichen und die Blutung zu stoppen. Weiter gibt es Therapien mit Hochfrequenzstrom oder Mikrowellen, mit denen sich Tumorherde lokal und gezielt zerstören lassen.
Ist das klassische Röntgen mit den bekannten Schwarz-Weiss-Aufnahmen noch aktuell?
HT: Auch wenn sie etwas an Boden verloren hat, wird die günstige und leistungsfähige herkömmliche Röntgentechnik nicht verschwinden. Gerade in der Orthopädie leistet sie gute Dienste, um Verletzungen am Skelett sichtbar zu machen. Auch zur Abklärung von Lungenentzündungen und Herzinsuffizienz kommt sie zum Einsatz.
SH: Als ich vor über 25 Jahren in meinen Beruf einstieg, war das klassische Röntgen noch viel wichtiger als heute. Gewisse Techniken werden von anderen verdrängt, zum Beispiel durch die MRI, mit der sich Organe und Weichteile hochpräzise darstellen und Verletzungen exakt lokalisieren lassen.
Verwenden alle HFR-Standorte bildgebende Verfahren?
HT: Die bildgebenden Verfahren sind das Herzstück jedes Spitals. Fast jeder Patient braucht sie. Deswegen ist die Bildgebung an allen Spitalstandorten des Kantons mehr oder weniger stark vertreten.
SH: Alle fünf Standorte des HFR (Billens, Freiburg, Meyriez- Murten, Riaz und Tafers, Anm. d. Red.) verfügen über herkömmliche Röntgen- und Ultraschallgeräte. Ausser in Billens ist auch die Mammografie überall vertreten; MRI-Geräte stehen jedoch nur in Freiburg und Riaz. Mit den Radiologen, MTRA und administrativen Mitarbeitenden sind wir insgesamt rund 130 Mitarbeitende – die Radio-Onkologie, die eine eigene Klinik ist, nicht mitgezählt.
HT: Die Radiologie wird am HFR laufend ausgebaut. Seit August 2018 sind bestimmte interventionelle radiologische Eingriffe neben Freiburg und Riaz auch in Meyriez-Murten und Tafers möglich. Die beiden Deutschschweizer Standorte haben ihre Zusammenarbeit übrigens vertieft. In der Radiologie wird der standortübergreifende Ansatz tatsächlich gelebt. Die einzelnen Standorte und Berufsgruppen verstehen sich gut und der Zusammenhalt ist stark.
Wie sieht es mit der Infrastruktur aus?
SH: Unsere medizintechnische Infrastruktur lässt keine Wünsche offen, das Material ist hochmodern und die Räume perfekt an die Betreuung angepasst, sowohl für die Patienten wie für das Personal. In Freiburg wird im Dezember dieses Jahres ein grosses Renovationsprojekt abgeschlossen, das zwei Jahre gedauert hat. In Meyriez-Murten profitierte die Radiologie vom Neubau des Spitalgebäudes und in Riaz ist sie in zwei Anbauten untergebracht, die mit neuen Geräten ausgerüstet sind. Auch die Radiologie in Tafers wird regelmässig erneuert. Nicht zuletzt sind unsere Arbeitsinstrumente zweisprachig und online komplett zugänglich, sowohl für Externe – Patienten und Zuweiser – wie für Interne. Filme und CD waren gestern!
Der Markt der medizinischen Bildgebung ist hart umkämpft ... Welchen Mehrwert bietet das HFR?
HT: In der Radiologie wird der menschliche Körper von Kopf bis Fuss untersucht: Gehirn, Brüste, Herz, Lunge, Bauch, Prostata, Bewegungsapparat usw. Das HFR kann auf Fachkräfte aus allen Bereichen zählen, bei uns findet sich ein technisches Knowhow, das im Kanton einzigartig ist. Täglich finden interdisziplinäre Sitzungen statt, und auch das Tumorboard des Brustzentrums und des Prostatazentrums, für die wir mit dem Daler-Spital zusammenarbeiten, wird in der Klinik für Radiologie des HFR abgehalten. Kurz: Wir sind sehr engagiert.
SH: Bevor der Patient austritt, schauen wir seine Aufnahmen stets nochmals an. In einem Notfall wird er sofort betreut.