«Fast eine Familie»: ein Einblick in die geriatrische Rehabilitation

Am freiburger spital (HFR) sind die medizinischen Fachgebiete auf unterschiedliche Standorte verteilt. Die geriatrische Rehabilitation ist in Tafers und Riaz zu finden. Hier können Menschen aus dem ganzen Kanton am Reha-Programm teilnehmen, um wieder zu Kräften zu kommen. Eine Patientin und der Leitende Arzt beschreiben das Angebot aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Die 80-jährige Marie-Madeleine Jonin erinnert sich noch gut an ihren Aufenthalt in der geriatrischen Rehabilitation am HFR Tafers: Am Morgen wurde sie vom freundlichen Pflegepersonal aufgeweckt, das den Blutdruck und die Temperatur kontrollierte. Es kümmerte sich jemand um sie. Das war eine Erleichterung, denn nach einer Operation hatte sie Mühe, wieder in Schwung zu kommen und brauchte Unterstützung.

Nach dem Aufstehen ging es gleich los: Sie absolvierte mit ihrem Rollator unter Anleitung längere Strecken, um die Sicherheit beim Gehen zurückzugewinnen. Velofahren stand ebenso auf dem Programm wie der Küchendienst. Gemeinsam mit anderen rüstete und kochte sie. Dabei zeigten ihr die Ergotherapeutinnen kleine Kniffe, um die Haushaltsaufgaben im Alltag zu Hause wieder besser meistern zu können. Es wurde viel gelacht. «Ich fühlte mich wie in einer Familie», resümiert die Patientin zufrieden.

«Die geriatrische Rehabilitation ist nicht der Ort, wo wir zuallererst ein MRI machen», sagt Philippe Balmer, Leitender Arzt der Abteilung für geriatrische Rehabilitation in Tafers, «denn wir nutzen unsere Zeit lieber für die Rehabilitation.» Im Alter sind die Menschen verletzlicher und eine Grippe oder ein Sturz kann rasch eine verhängnisvolle Kettenreaktion auslösen. Wegen mangelnder Bewegung bilden sich beispielsweise die Muskeln zurück, die Menschen sind zunehmend unsicher auf den Beinen, was wiederum das Sturzrisiko erhöht. Dieser Teufelskreis muss rechtzeitig durchbrochen werden. Um das zu erreichen, muss an verschiedenen Punkten gleichzeitig angesetzt werden. Dazu braucht es ein interdisziplinäres Team. Ausschlaggebend sind die Ziele, die sich der Patient oder die Patientin selbst setzt.

Marie-Madeleine Jonin kann weiterhin selbstständig wohnen. Damit ist sie in bester Gesellschaft. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Vorstellung, dass betagte Personen nach einem Reha-Aufenthalt in ein Altersheim geschickt werden, kehren die meisten von ihnen nach Hause zurück. Der Austritt muss denn auch ebenso gut vorbereitet sein wie die Behandlung vor Ort. Hier kommen oft auch die Angehörigen und die Patientenberatung ins Spiel. Kann die Patientin ihre Medikamente regelmässig einnehmen? Kann sie die Strecke zur nächsten Einkaufsgelegenheit allein zurücklegen? Wo braucht sie zusätzliche Unterstützung? Wenn solche Fragen beantwortet sind, steht einer Heimkehr nichts mehr im Weg.

«Eine korrekte geriatrische Rehabilitation muss hervorragend sein», sagt Philippe Balmer, «denn jeder Fall ist hochkomplex. Man muss ins Detail gehen, um es gut zu machen». Die Therapie ist anspruchsvoll, und doch braucht es neben den professionellen Behandlungsansätzen und den Faktoren Zeit und Geduld oft nur relativ einfache Hilfsmittel, um die Lebensqualität zu steigern. Dieser Gedanke ist inspirierend – und für viele Bereiche der Medizin von Bedeutung.

 

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