Wie gefährlich sind Röntgenstrahlen wirklich?

Als Nebenwirkung des medizinischen Fortschritts und der zunehmenden Verbreitung von Röntgenapparaten ist die Bevölkerung immer mehr Röntgenstrahlung ausgesetzt. Diese gilt als gesundheitsschädigend. Experten klären auf. 

Wem der Arzt eine Röntgenuntersuchung, einen Ultraschall oder ein MRI verschreibt, der kann schon mal ins Grübeln kommen: Sind Röntgenstrahlen nicht gefährlich für die Gesundheit? 

Zuallererst muss man wissen, dass nicht alle bildgebenden Verfahren Röntgenstrahlen verwenden. Bei einem Ultraschall oder einer Magnetresonanztomografie (MRI), die mittels Magnetfeld Bilder erzeugt, kommen diese Strahlen überhaupt nicht zum Einsatz; diese Methoden sind daher für den Patienten völlig ungefährlich. Aber wie sieht es beim herkömmlichen Röntgen, der Fluoroskopie, der Mammografie oder der Computertomografie (CT) aus? Röntgenstrahlen sind eine Form der elektromagnetischen Strahlung, wie sichtbares Licht, ultraviolettes Licht, Infrarot, Mikrowellen (siehe Kasten), Radiowellen oder Gammastrahlen. Sie haben die Besonderheit, dass sie lebendes Gewebe durchdringen und möglicherweise Zellen oder die DNA schädigen können. 

«Röntgenstrahlen sind gewiss nicht harmlos. Angesichts der schwachen Dosen und der Vorkehrungen zur Eingrenzung des untersuchten Bereichs besteht bei der Anwendung zu Diagnosezwecken jedoch kein Grund zur Beunruhigung», versichert Prof. Dr. med. Harriet Thöny, Chefärztin Radiologie des HFR. Weiter weist die Fachärztin darauf hin, dass die technische Ausrüstung immer besser wird und dazu beiträgt, die Strahlenbelastung zu verringern. 

Strahlen im Flugzeug

Darüber hinaus muss diese medizinische Strahlung im Verhältnis zur natürlichen Radioaktivität betrachtet werden. Zu den natürlichen Strahlungsquellen gehören insbesondere die kosmische Strahlung, die Erdkruste und das Edelgas Radon. Die natürliche Strahlenbelastung variiert von Person zu Person, je nach Lebensraum, Bodenbeschaffenheit, Meter über Meer ... und Häufigkeit der Langstreckenflüge! Denn in 10’000 Meter Höhe ist die schützende Atmosphäre viel dünner. Eine Röntgenuntersuchung des Oberkörpers entspricht knapp der natürlichen Strahlendosis von fünf Tagen. Für eine Mammografie (vier Aufnahmen) muss man etwa zwei Monate natürliche Strahlung, für ein CT des Kopfs fast zwölf Monate berechnen. Die natürliche Strahlenbelastung eines Jahres entspricht etwa der Dosis, die auf einen Flugpassagier wirkt, der acht Mal zwischen der Schweiz und Japan hin und her fliegt. 

In der Strahlentherapie werden hohe Strahlendosen eingesetzt, um krankes Gewebe zu zerstören. Das Risiko ist gut kalkuliert: «Die Dosen sind so hoch, dass das behandelte Gewebe praktisch sterilisiert wird. Genetische Mutationen sind eher im umliegenden Bereich möglich, wo die Strahlung weniger hoch ist», erklärt Prof. Dr. med. Abdelkarim Allal, Chefarzt der Abteilung Radio-Onkologie des HFR. «Unser Hauptanliegen ist es, die bestehende Krebserkrankung zu heilen. Die Patienten werden umfassend über die Behandlungsverfahren aufgeklärt, machen sich aber diesbezüglich meist wenig Sorgen. Und das zu Recht, denn das Risiko, dass durch die Strahlung Krebs entsteht, ist minim und viel geringer als das Rückfallrisiko», so der Radio-Onkologe weiter. Er erinnert daran, dass die Rückfallquote für Brust- oder Prostatakrebs zwischen fünf und 30 Prozent liegt. Bei einer Krebserkrankung im HNO-Bereich (Kopf oder Hals) beträgt sie sogar bis zu 50 Prozent. 

Spezielle Therapie für Kinder in Villigen

Kinder sind ein Sonderfall: «Da ihre Zellen sehr aktiv sind, ist das Risiko eines sekundären Krebs sehr viel höher. Wir passen ihre Behandlung daher an und verwenden eine Strahlentherapie mit Protonen. In der Schweiz bietet nur das Institut Paul Scherrer in Villigen (AG) diese Art der Behandlung an», erklärt Prof. Dr. med. Allal und hält abschliessend fest: «Beim Einsatz von Röntgenstrahlen im Rahmen der Röntgendiagnostik oder der Strahlentherapie ist der erwartete Nutzen immer höher als die möglichen Risiken. Sonst würde die Untersuchung oder die Behandlung nicht durchgeführt werden.» 

Mythos Mikrowelle

Sie steht in unseren Küchen, Büros und Cafeterias, taut gefrorene Lebensmittel auf und wärmt rasch die Reste von gestern: die Mikrowelle. Obwohl 85 Prozent der Schweizer Haushalte das Gerät nutzen, herrscht in der Bevölkerung immer noch eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Schädlichkeit der Mikrowelle – zu Unrecht! 

Die erzeugten Wellen führen dazu, dass sich die Wassermoleküle in Lebensmitteln hin und her bewegen und die Speise so erhitzen. Diese ( Mikro)wellen sind jedoch nicht ionisierend, das heisst, sie können keine Atome oder Moleküle verändern. In der Schweiz und der EU liegt die gesetzlich vorgegebene Frequenz bei 2,4 bis 2,5 Gigahertz, was etwa der Frequenz eines WLANs oder des Mobilfunknetzes entspricht. Auch die Strahlungsstärke, die aus einem Mikrowellenherdgehäuse entweichen darf, ist durch eine strenge Norm geregelt. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt ein Gerät in gutem Zustand (mit guter Abdichtung und korrekt verschliessbarer Tür) keine Gefahr dar. Bei normalem Gebrauch ist das Risiko, dass in den Lebensmitteln krebserregende Stoffe entstehen, deutlich geringer als bei anderen Garverfahren. 

Und das ist nicht alles: Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass die besonders schnelle Zubereitung in der Mikrowelle – neben dem Dampfgaren – die Nährwerteigenschaften von Lebensmitteln am besten bewahrt.

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