Alkoholprobleme gemeinsam bewältigen
Alkoholmissbrauch und Alkoholsucht wurden im Kanton Freiburg als eine Priorität der öffentlichen Gesundheitsförderung anerkannt. Im April dieses Jahres stellte die Direktion für Gesundheit und Soziales (GSD) deshalb einen kantonalen Alkoholaktionsplan (KAAP) vor. Wichtiger Akteur: das HFR. Gespräch mit Dr. med. Anne-Catherine Barras, Leitende Ärztin der Klinik für Innere Medizin und Ansprechperson für Suchtfragen.
In der Schweiz haben ca. 13 Prozent der Bevölkerung einen problematischen Alkoholkonsum. Übermässiges Trinken schadet der Gesundheit und führt zu Mehrfacherkrankungen, die Grund für einen Spitalbesuch sein können. Hier kommt das HFR ins Spiel: Als wichtiger Akteur im kantonalen Alkoholaktionsplan (KAAP) der GSD kümmert es sich um die Prävention, Erkennung und Diagnose alkoholbedingter Gesundheitsprobleme.
Welche Rolle hat das HFR im kantonalen Aktionsplan?
Experten zufolge begeben sich 80 Prozent der Personen mit Alkoholproblemen mindestens einmal im Jahr in Spitalpflege: die ideale Gelegenheit, um diese Probleme zu erkennen und anzusprechen. Der Aktionsplan der GSD legt verschiedene Ziele und Zielgruppen fest: Am HFR sind es die Patienten der Klinik für Innere Medizin am Standort Freiburg, die bereits seit 2016 im Fokus stehen. Ziel ist, gefährdete Patienten in einem möglichst frühen Stadium zu erkennen und eine geeignete Betreuung in die Wege zu leiten.
Wie erkennt man, ob ein Patient zu viel trinkt?
Das ist das Problem: Es gibt weder eine klare Regel noch eine allgemeingültige Trinkmenge, die nicht überschritten werden darf. Dies aus dem Grund, dass Alkohol nicht von jedem gleich gut vertragen wird. Gewisse Personen sind suchtanfälliger als andere; simple Grenzwerte greifen deshalb zu kurz. Ausserdem neigen Patienten oft dazu, ihren Alkoholkonsum zu verharmlosen. Es gibt bei diesem Thema eigentlich kein Mittelmass: Bis zu einem bestimmten Grad wird der Konsum schöngeredet, und darüber hinaus ist er ein Tabuthema. Dies macht ein rechtzeitiges Eingreifen schwierig, obschon es Richtwerte für chronischen Alkoholkonsum gibt: Sie liegen in Freiburg bei vier Gläsern Alkohol pro Tag für Männer und zwei Gläsern für Frauen.
Und wie helfen Sie den Patienten konkret?
Ein Vertreter des sozialen Bereichs, Thierry Radermecker, kommt regelmässig auf der Abteilung vorbei und führt bei Bedarf sogenannte Kurzinterventionen durch. Dabei handelt es sich um ein kurzes Gespräch mit dem Patienten, indem er ihm Begleitung und Unterstützung anbietet und ihn vor allem über kantonale Hilfsangebote informiert, ohne ihn jedoch zu drängen oder gar zu verurteilen. Zwei Drittel der Patienten, denen wir dieses Gespräch vorschlagen, willigen in ein Treffen ein, das sind zwei bis drei Kurzinterventionen im Monat. Dabei haben wir uns vom Kanton Wallis inspirieren lassen, der diese Massnahme vor rund zehn Jahren eingeführt hat und damit offenbar gut fährt.
Wann wird ein Patient an Herrn Radermecker verwiesen?
Zur ärztlichen Anamnese gehören auch Fragen zu den Gewohnheiten des Patienten. Da es sich beim Alkohol um eine besondere Substanz handelt und Fragen zum Konsum für beide Seiten unangenehm sein können, verzichten einige unserer jüngeren Ärzte darauf, dem Patienten diese Fragen zu stellen und ihm allenfalls das Gespräch mit Herrn Radermecker anzubieten. Um dies zu ändern, sind ab diesem Herbst Schulungen mit Herrn Radermecker und weiteren Spezialisten geplant.
2011 haben sich die Freiburger Einrichtungen «Le Tremplin», «Le Torry» und «Le Radeau» zum Netzwerk der Freiburger Einrichtungen für Suchtkranke (NFES) zusammengeschlossen. Diese neue Struktur soll helfen, die Betreuung besser zu koordinieren und effizienter zu machen. Mehr Infos unter T 026 305 30 70.