In den Menschen investieren dank Arbeitsmedizin

Die Arbeitsmedizin ist seit Jahrzehnten ihr Einsatzgebiet und nach wie vor ist sie engagiert und inspiriert am Werk. Dr. med. Corine Kamga Magne, seit 100 Tagen Chefärztin des Arbeits- und Personalärztlichen Dienstes am freiburger spital (HFR), spricht über ihren Werdegang und die Schwerpunkte, die sie künftig setzen möchte.

«Meine Arbeit hat einen konkreten Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen», sagt Dr. med. Corine Kamga Magne. Seit Mitte Januar ist sie Chefärztin des Arbeits- und Personalärztlichen Dienstes am HFR. Mit diesem beruflichen Wechsel betrat sie in zweierlei Hinsicht Neuland: Aus der Weltstadt Brüssel ist sie aus familiären Gründen nach Freiburg gezogen. Und anstelle ihrer vorherigen Tätigkeit für verschiedene Unternehmen ist sie nun bei einem einzigen Arbeitgeber, dem HFR, tätig. Beides seien genau die Herausforderungen gewesen, die sie gesucht habe.

Die erfahrene Spezialistin hat in Belgien als Arbeitsmedizinerin verschiedene Kundinnen und Kunden auf Mandatsbasis betreut. An einem typischen Arbeitstag hatte sie am Morgen vielleicht eine Sprechstunde mit einer Diplomatin und am Nachmittag mit einem Handwerker. Auch die Polizei, die Feuerwehr, der öffentliche Dienst und die Privatwirtschaft zählten zu ihren personalärztlichen Einsatzgebieten. Besonders faszinierend fand sie dabei, dass an jedem dieser Arbeitsorte eine ganz andere Wahrnehmung der Risiken herrschte. Nichtsdestotrotz kennt sie auch die Spitallandschaft ausgezeichnet, hat sich doch unter anderem für die Klinik Saint-Pierre in Brüssel gearbeitet, einem belgischen Referenzzentrum für hoch ansteckende und neu auftretende Infektionskrankheiten.

In Belgien gibt es strenge Vorschriften im Bereich der Arbeitsmedizin. So müssen sich Arbeitnehmende alle zwei Jahre vom personalärztlichen Dienst untersuchen lassen. Corine Kamga Magne war am Anfang überrascht über die Handhabung in der Schweiz, wo es sehr wenige arbeitsmedizinische Vorschriften gibt. Doch sehr bald erkannte sie auch die Vorteile von weniger Regulierungen. Einerseits werden so Sprechstunden vermieden, die Gefahr laufen, zur Routine zu verkommen. Die Tür des Arbeits- und Personalärztlichen Dienstes steht stattdessen für alle jederzeit offen. Andererseits entsteht so mehr Gestaltungspielraum, um auf die Bedürfnisse der jeweiligen Abteilungen einzugehen. So kann sie sich als Ärztin auf das konzentrieren, was wirklich gefragt ist.

Herausforderungen gibt es aber auch am HFR genug: Die Nachtarbeit kann die Gesundheit belasten. Die negativen Auswirkungen müssen dennoch nicht einfach hingenommen werden, denn es gibt Möglichkeiten, die Belastung zu reduzieren. Das Gleiche gilt für die Hautbeschwerden, von denen viele Pflegende geplagt werden. Auch hier können veränderte Gewohnheiten viel bewirken.

Auf die Schwerpunkte angesprochen, die sie am HFR setzen will, kommt Corine Kamga Magne auf die Prävention zu sprechen. Bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten ist das HFR schon sehr gut aufgestellt. Noch etwas mehr könnte bei den muskuloskelettalen Beschwerden gemacht werden, die immer häufiger Grund für Krankschreibungen sind. Bei psychosozialen Risiken wie Stress ist indessen noch deutlich mehr Prävention nötig. «Es ist wichtig, darüber zu reden. Oft reicht das schon aus. Wenn nicht, können wir die Menschen an spezialisierte Stellen überweisen», erklärt Corine Kamga Magne.

Das Gegenstück zur Prävention ist die Wiedereingliederung. Wir alle wissen, dass es jeden treffen kann: ein Unfall, eine chronische Krankheit – und schon wird man aus dem Alltag herausgerissen. Die Arbeitsmedizin sollte bei solchen Schicksalsschlägen möglichst früh aktiv werden, denn je länger die Menschen der Arbeit fernbleiben, desto schwieriger gestaltet sich der Wiedereinstieg. Der Arbeitgeber kann hier entscheidende Hilfestellung bieten. Die Menschen sollen sich verstanden fühlen und die nötige Unterstützen erhalten, um wieder zur Arbeit zu kommen. «Die Wiedereingliederung ist eine grosse Herausforderung, wenn sie aber gelingt, ist es eine riesige Befriedigung», sagt Corine Kamga Magne und fügt an: «Wir investieren in den Menschen.»