Der Tagen Leben verleihen

Die Abteilung Palliative Care des HFR hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Seit 2013 ist die Abteilung in der ehemaligen Villa St. François nur wenige Schritte vom HFR Freiburg – Kantonsspital entfernt beheimatet und seit Kurzem nun auch am HFR Meyriez-Murten tätig. Dieser eigenständigen Behandlungssparte haftete lange – aber fälschlicherweise – der Ruf des Sterbehospizes an. Doch ganz im Gegenteil: Die Abteilung Palliative Care ist ein Ort des Lebens. Gespräch mit Dr. med. Boris Cantin und Dr. med. Alexander Köhler, Abteilungsleiter.

«Den Tagen Leben verleihen, wenn man dem Leben keine Tage mehr schenken kann». Dieses Zitat von Jean Bernard, Arzt und Mitglied der Académie française, bringt die Behandlungsphilosophie der Palliative Care am HFR auf den Punkt. Dort, wo die Schulmedizin an ihre Grenzen stösst, rückt die Lebensqualität des Patienten in den Vordergrund. Das bedeutet Zuhören, Unterstützung und Begegnung, aber nicht nur: «Wir haben auf unserer Abteilung umdekoriert. Wir haben Vorhänge angebracht für mehr Privatsphäre, die Wände gestrichen und die Bettwäsche ausgetauscht, damit wärmere und kräftigere Farben Einzug halten», erklärt Dr. med. Alexander Köhler, Chefarzt der Abteilung Palliative Care in Meyriez-Murten. Denn jedes Detail zählt. 

In Meyriez-Murten wie am Standort Freiburg nehmen die Patientenzahlen zu und die Nachfrage übersteigt das Angebot. «Der Zugang wird durch die unmittelbare Nähe zur Inneren Medizin begünstigt. Zudem findet ein Mentalitätswechsel statt, wodurch die Patienten zu einem früheren Zeitpunkt im Krankheitsverlauf überwiesen werden. Manche kommen sogar mehrmals. Dies zeigt, dass wir vom manchmal düsteren Bild der Palliative Care weit entfernt sind», fasst Dr. med. Köhler zusammen. Die Austrittsraten sind an beiden Standorten (siehe Tabelle) sehr hoch; sie zählen somit zu den Schweizer Spitzenreitern. 

In der Schweiz einmalige Tagesbetreuung

In der ehemaligen Villa St. François in Freiburg gibt es das spezielle Angebot der Tagesbetreuung. Diese in der Schweiz einmalige Betreuungsstruktur bietet verschiedene komplementärmedizinische Dienstleistungen wie Akupunktur, Kunst- und Klangtherapie und seit Neuestem ein Kochatelier. «Kreativität mit Genuss verbinden und gemeinsam an einem Tisch sitzen, das bietet das neue Kochatelier. Die vom Pflegeteam geleitete Tagesbetreuung hat den Vorteil, dass sie vorgelagert wirkt. Das wiederum verhindert die Isolierung der einzelnen Person», freut sich Dr. med. Boris Cantin, Leiter der Abteilung. Die Tagesbetreuung kann nur darum so gut funktionieren, weil verschiedene medizinische und soziale Akteure des Kantons mitwirken: Voltigo, Spitex, Freiburgisches Rotes Kreuz und die Hausärzte. Zentral ist auch die Unterstützung durch die Stiftung Serenitas, die Aktivitäten finanziert, welche nicht von der Krankenkasse übernommen werden. 

Auch der Behandlungsansatz in der Palliative Care unterscheidet sich von den anderen, klassischeren Abteilungen. «Hierarchie gibt es hier keine. Bei der wöchentlichen Sitzung kommen alle zusammen: natürlich Ärzte und Pflegende, aber auch Freiwillige sowie Physio-, Ergo- und Kunsttherapeuten. Dann gibt es noch die Seelsorger oder auch Mitarbeitende der Hotellerie bzw. der Hauswirtschaft. Jeder, der Kontakt zum Patienten hat, trägt seinen Teil zur Behandlung bei», führt Dr. med. Köhler aus. 

« Hierarchie gibt es hier keine. » 

«Es handelt sich nicht nur um einen fachübergreifenden, sondern um einen berufsübergreifenden Ansatz», so Dr. med. Cantin. «Bei einer ganzheitlichen Betreuung des Patienten hat jeder seine Pflichten. Angesichts immer komplexerer Situationen, bei denen chronische Erkrankungen immer häufiger sind, muss man sich gegenseitig ergänzen.»