Die Hypnose als wertvolle Hilfe in der Pflege
Der Nutzen von Hypnose und der daraus abgeleiteten therapeutischen Kommunikation ist unter Wissenschaftlern und Medizinern unumstritten. Beide Praktiken sind am HFR bereits fest etabliert.
«Vielleicht sehen Sie einen Bach, Bäume und einen Weg. Oder einen blühenden Garten auf dem Land.» Die sanfte, einlullende Stimme führt einen an ruhige Orte, an denen man sich sicher fühlt. Nach kurzer Zeit entspannt sich der Patient und sein Bewusstseinszustand verändert sich. Am HFR Freiburg – Kantonsspital sind mehrere Mitglieder des Pflegeteams in Hypnotherapie ausgebildet.
"Eine angemessene Kommunikation und ein Klima von Vertrauen und Sicherheit erhöhen die Qualität in der therapeutischen Beziehung."
«Seit vier Jahren praktizieren wir bereits Hypnose nach Erickson und seit zwei Jahren werden unsere Fachkenntnisse gezielt eingesetzt. Zunächst innerhalb der Klinik für Intensivpflege und mittlerweile am gesamten Spital», freuen sich die Pflegefachfrauen Brigitte Andrey und Caroline Pelloni.
Sie können auf die Unterstützung ihrer Vorgesetzten zählen und auch die Ärzteschaft ist diesem Ansatz immer mehr zugetan. Allen voran Dr. med. Yvan Fleury, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und Intensivmedizin: «Die Hypnose hat ihren Nutzen im Rahmen der Patientenbetreuung bewiesen. Sie wirkt sich nicht nur positiv auf die Patienten, sondern auch auf die Pflege- und anderen Mitarbeiter aus, die oft selbst unter Stress stehen. Die Rückmeldungen sind extrem gut und ich persönlich bin vollends überzeugt!»
Reise ins Unterbewusstsein
Lange unterschätzt und manchmal noch fälschlicherweise mit Showhypnose assoziiert, hat die Hypnotherapie inzwischen einen guten Ruf und ist wissenschaftlich anerkannt. Vieles davon ist dem amerikanischen Psychiater und Psychologen Milton Erickson (1901 – 1980) zu verdanken, der die Hypnosetechniken und ihre therapeutische Anwendung weiterentwickelte. «Mit der Hypnose können wir Schmerzen vorübergehend lindern und dem Patienten helfen, bestimmte invasive Massnahmen, schwierige Untersuchungen oder schmerzhafte Behandlungen besser zu ertragen. Bei Atemproblemen, Herzrasen oder Verwirrtheit wirkt diese Methode beruhigend. Die Hypnose ist aber auch zur Behandlung verschiedenster Leiden wie Abhängigkeit, Phobien oder Schlaflosigkeit geeignet», erklärt Brigitte Andrey.
Was genau ist dieser Bewusstseinszustand, die hypnotische Trance, in den die hypnotisierten Personen eintauchen? «Im Gegensatz zu dem, was die meisten Menschen glauben, handelt es sich um einen Wachzustand – die Person schläft nicht. Jeder von uns erlebt diesen Zustand regelmässig im Alltag, zum Beispiel wenn wir in Gedanken versunken sind. Die hypnotische Trance ermöglicht es, die umgebende Realität auszublenden und so effektiver auf das Unterbewusstsein und seine natürlichen Ressourcen zuzugreifen», so Caroline Pelloni.
Auch bei schweren Operationen
Prof. Dr. med. Jean Bouquet de la Jolinière hat bei schweren Operationen in der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe bereits auf Hypnose zurückgegriffen. «Bei massiv übergewichtigen Patientinnen gibt es zahlreiche Kontraindikationen für eine Vollnarkose. Als Ergänzung zu sanften Schmerzmitteln und sogar im Rahmen einer operativen Entfernung der Gebärmutter hat die Hypnose gute Ergebnisse erzielt. Die Technik bietet klare Vorteile und wird sich sicherlich noch weiterentwickeln.»
«Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt», schrieb der britische Autor Rudyard Kipling. Deshalb sollte man sie mit Bedacht einsetzen! Auf diesem Grundsatz basiert die therapeutische Kommunikation, ein eigenständiges Werkzeug der Hypnose, das der Wirkung von Worten und der empathischen Beziehung eine besondere Stellung einräumt. «Im Gegensatz zur Hypnose, die qualifiziertes Personal und eine bestimmte Erfahrung erfordert, kann die therapeutische Kommunikation von jedem angewandt werden. Sämtliche Abteilungen des HFR werden daher mittels Workshops und Simulationen schrittweise in diesen Ansatz eingeführt», erklärt Caroline Pelloni, Pflegefachfrau und Hypnosetherapeutin.
Ihre Kollegin Brigitte Andrey erläutert das Konzept: «Bei einem verwirrten oder aufgeregten Patienten ist das kritische Bewusstsein vermindert und die Emotionen gewinnen die Oberhand. Ein einziges Wort, so harmlos es auch scheint, kann für ihn eine ganz andere Bedeutung annehmen. In der therapeutischen Kommunikation versuchen wir daher, bestimmte Wörter, die negativ behaftet sind, zu vermeiden. Dazu gehören etwa «wehtun» oder «Schmerz». Stattdessen benutzen wir positive und beruhigende Ausdrücke.»
Die therapeutische Kommunikation beschränkt sich jedoch nicht nur auf die verbale Sprache, sondern befasst sich auch mit dem Nonverbalen (Gesten, Blicke, Gesichtsausdrücke) und dem Paraverbalen (Ton und Rhythmus der Stimme), die ebenfalls eine grosse Wirkung haben. Caroline Pelloni: «Eine angemessene Kommunikation und ein Klima von Vertrauen und Sicherheit erhöhen die Qualität der therapeutischen Beziehung. Die Zeit, die wir mit dem Patienten verbringen, ist beschränkt. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir diese optimal nutzen.»