Epilepsie: unvorhersehbar und manchmal unsichtbar

Mit Epilepsie verbinden Laien meist heftige Krampfanfälle, aber die Krankheit hat viele Gesichter. Fast zwei Drittel der Betroffenen führen ein normales Leben.

«Man kann sich einen Knochen brechen, ohne an Osteoporose zu leiden. Dasselbe gilt für Epilepsie: Ein einzelner Anfall ist nicht zwingend ein Anzeichen für eine chronische Erkrankung des Gehirns». Laut Dr. med. David Cuendet, Neurologe am HFR Freiburg – Kantonsspital, erleiden bis zu 10 Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens einen sogenannten Reflexoder provozierten Anfall. «Ein epileptischer Anfall ist eine vorübergehende klinische Manifestation aufgrund einer abnormalen elektrischen Aktivität im gesamten oder in einem Teil des Gehirns. Dies kann durch aussergewöhnliche Umstände wie z. B. eine sehr schwere Hypoglykämie (Unterzuckerung) hervorgerufen werden und anschliessend nie wieder vorkommen. Treten aber zwei nicht provozierte Anfälle in einem Abstand von mehr als 24 Stunden auf oder zeigen gründliche Untersuchungen ein hohes Rückfallrisiko, wird die Diagnose Epilepsie gestellt.»

Weltweit sind schätzungsweise zwischen 50 und 60 Millionen Menschen aller Altersgruppen von Epilepsie betroffen. Es handelt sich um eines der ältesten bekannten Leiden der Menschheit und wird bereits in über 5000 Jahre alten Schriften erwähnt. Der Begriff Epilepsie stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet wörtlich «Überfall», was sich auf die Unberechenbarkeit der Anfälle bezieht. Diese können sich auf vielfältige Weise äussern. «Generalisierte tonisch-klonische Anfälle sind für Aussenstehende oft am beängstigendsten, weil die Betroffenen unter anderem das Bewusstsein verlieren, von Krämpfen geschüttelt werden und sich manchmal auf die Zunge beissen. Diese Art von Anfall wird am häufigsten mit Epilepsie in Verbindung gebracht, aber es gibt auch fokale Anfälle, die diskreter verlaufen und nur eine kurze Beeinträchtigung des Bewusstseins oder leichte Muskelzuckungen hervorrufen. Sie dauern typischerweise weniger als eine Minute», erklärt der Facharzt.

Ursachen manchmal bekannt
Epilepsie ist nicht ansteckend, und nur in weniger als der Hälfte aller Fälle ist die Ursache (z. B. Hirntumor, bestimmte genetische Syndrome, vorausgegangener Schlaganfall) bekannt. «Die Krankheit an sich ist nicht fortschreitend, aber sie kann sich im Laufe der Zeit verändern und verschlimmern. Leider bestehen rund um das Leiden noch viele negative Assoziationen und die Betroffenen sind oft mit Vorurteilen konfrontiert», sagt Dr. med. David Cuendet, zu dessen Aufgaben es gehört, die bestmögliche Behandlung zu finden. «Sorgfältig ausgewählte Antiepileptika sind in fast 70 Prozent der Fälle wirksam. Einige Epilepsieformen haben eindeutige Auslöser – darunter Stress, Schlafmangel und hormonelle Störungen –, die vermieden werden sollten. Wenn die Krankheit nicht auf die Therapie anschlägt, kann auch eine Operation in Betracht gezogen werden.»

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