Neurorehabilitation: die Resilienz des Gehirns
Nach einer Schädigung des Gehirns haben Betroffene oftmals Probleme bei der Bewältigung von Alltagstätigkeiten. Ziel der Neurorehabilitation ist es, ihnen ein Höchstmass an Autonomie zurückzugeben.
Das Gehirn ist ein faszinierendes Organ. Selbst nach schweren Verletzungen ist es in der Lage, sich wieder zu erholen, indem es bestimmte Verbindungen wiederherstellt, anpasst oder sogar neu schafft. «Die Neurorehabilitation nutzt diese Plastizität des Gehirns, um den Patienten zu helfen, die verlorenen Fähigkeiten
ganz oder teilweise wiederzuerlangen», erklärt Dr. med. Joelle Nsimire Chabwine, Leiterin der Neurorehabilitation des HFR.
Beim Schlaganfall, der nach wie vor die Hauptursache für erworbene Behinderungen bei Erwachsenen ist, fördert eine frühzeitige und intensive Behandlung eine optimale Wiederherstellung der verlorenen Funktionen. «Multimodale und interaktive Therapien vereinen die Fähigkeiten von Ärzten, Pflegenden, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Ernährungsberatern und Neuropsychologen und haben sich nach einem Schlaganfall oder bei anderen neurologischen Erkrankungen als wirksam erwiesen», betont die Fachärztin.
Ein bis drei Monate Therapie
Seit 2016 verfügt das HFR über eine spezialisierte Abteilung für Neurorehabilitation mit derzeit 23 Betten am Standort Meyriez-Murten. «Die allermeisten unserer Patienten bleiben ein bis drei Monate bei uns. Die Therapie beinhaltet rund 20 Sitzungen pro Woche. Auch Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Parkinson oder Multipler Sklerose kommen zu uns,um möglichst viel Selbstständigkeit zurückzuerlangen und zu erhalten, damit sie länger zu Hause wohnen können», führt Dr.med. Chabwine aus.
Am häufigsten geht es in der Therapie darum, motorische, sensorische, sprachliche und kognitive Funktionen soweit möglich wiederherzustellen oder sie durch Kompensationsstrategien auszugleichen. «Alles ganz individuell und auf die Fähigkeiten, die Lebenssituation, das Umfeld, den Beruf bzw. die Interessen des Patienten abgestimmt.»
Obwohl die Neurorehabilitation auf allgemeinen und standardisierten Prinzipien beruht, gibt es keine Einheitslösung für alle Patienten, wie Dr. med. Chabwine betont: «Jeder Patient hat eine eigene Identität. Ebenso gibt es keine Kristallkugel, die mit Sicherheit und Genauigkeit vorhersagen kann, wie gut ein bestimmter Patient durch die Neurorehabilitation von den neurologischen Folgeerscheinungen einer Hirnverletzung genesen und wie lange der Heilungsprozess dauern wird. Wir wissen nur, dass die ersten drei bis sechs Monate die kritischsten in diesem Prozess sind und dass das Genesungspotenzial mit der Zeit abnimmt».