Wenn das Gedächtnis streikt

Meist ist es nur ein einfacher Aussetzer, doch Gedächtnisprobleme können auch das erste Anzeichen für verschiedene kognitive Erkrankungen – auch Demenz genannt – sein. In der Gedächtnissprechstunde des HFR können Betroffene eine spezialisierte und vertiefte Abklärung vornehmen lassen.

Wir kennen es alle: Man erzählt dieselbe Geschichte zweimal oder hat Mühe, einem Gesicht einen Namen zuzuordnen. Gedächtnislücken sind normal und nehmen mit steigendem Alter oder bei Stress, Müdigkeit, hoher Anspannung oder fehlendem Interesse zu. Wenn das Phänomen nur vereinzelt auftritt, besteht kein Anlass zur Sorge. Beeinträchtigt es aber den Alltag und geht mit anderen kognitiven Störungen einher, sind Abklärungen nötig.

«Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis, Schwierigkeiten beim Ausführen von Alltagstätigkeiten, beim Planen, Orientierungslosigkeit, Sprachstörungen sowie Veränderungen der Persönlichkeit sind Anzeichen für eine Erkrankung», erklärt Prof. Dr. med. Jean-Marie Annoni, Chefarzt der Neurologie am HFR.

Alzheimer als Hauptursache
Bei den im allgemeinen Sprachgebrauch als «Demenz» bezeichneten fortschreitenden Gedächtnisstörungen handelt es sich um kognitive Erkrankungen des Gehirns im Alter. Es gibt mehr als hundert Arten von Demenz, und obwohl einige davon reversibel sind, können sie im Allgemeinen nicht geheilt werden. «Die bekannteste degenerative Erkrankung dieser Art ist Alzheimer, die mit 60 bis 70 Prozent der Fälle die Hauptursache von Demenz ist. Auch die vaskuläre Demenz, die Lewy-Körperchen-Demenz und die Frontotemporale Demenz sind häufig», so der Facharzt weiter.

Nach aktuellen Schätzungen leiden in der Schweiz rund 145'000 Menschen an einer dieser kognitiven Erkrankungen. Jährlich werden etwa 31'000 neue Fälle verzeichnet. Bei den 60- bis 69-Jährigen liegt die Prävalenzrate bei 0,6 Prozent, zwischen 70 und 79 Jahren bei 4,8 Prozent, bei den 80- bis 89-Jährigen bei 12,7 Prozent und in der Altersgruppe 90+ bei 29,7 Prozent. Aber Achtung: Obwohl Demenz hauptsächlich bei Menschen über 65 Jahren auftritt und ihre Häufigkeit mit dem Alter stark zunimmt, ist sie nicht Teil des normalen Alterungsprozesses. In der Tat leiden die meisten Hundertjährigen nicht darunter!

Ein ganzheitlicher Ansatz
Für die Betroffenen und ihre Angehörigen kann nur durch eine frühzeitige Erkennung und eine exakte Diagnose eine optimale Versorgung gewährleistet werden  Der Hausarzt ist meist das erste Glied in der Kette. Bei Bedarf überweist er seine Patientin oder seinen Patienten in der Regel an die Gedächtnissprechstunde des HFR. Dr. med. Ursula Guerra Lopez, Neuropsychologin am HFR, erklärt, worum es in dieser Sprechstunde genau geht: «Es handelt sich um eine multidisziplinäre Sprechstunde, welche die Kompetenzen von Neurologen, Neuropsychologen, Geriatern und weiteren Ärzten des HFR und des Freiburger Netzwerks für psychische Gesund-heit (FNPG) koordiniert, um eine funktionelle Diagnose zu stellen und die Behandlung festzulegen. Die medizinische Untersuchung ermöglicht eine vollständige Abklärung der kognitiven Funktionen des Patienten und umfasst eine neuropsychologische und biologische Bilanz sowie eine Bildgebung des Gehirns. Am Ende des Prozesses wird das weitere Vorgehen umfassend mit dem Patienten und seinen Angehörigen besprochen. Wir arbeiten unter anderem eng mit dem Verein Alzheimer Schweiz zusammen.» Die Gedächtnissprechstunde ist an den fünf HFR-Standorten sowie für das FNPG in Marsens verfügbar.

Das Gedächtnis will trainiert werden!

Das Gedächtnis ist ein kostbares Gut, das bewahrt werden muss. Aber wie? «Einige Risikofaktoren wie Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum, mangelnde körperliche Aktivität und ständige Stresseinwirkung können wir beeinflussen. Studien haben gezeigt, dass sich eine ausgewogene Ernährung und ein gesunder Lebensstil positiv auf das Gedächtnis und die intellektuellen Fähigkeiten auswirken», erklärt Prof. Dr. med. Jean-Marie Annoni, Chefarzt Neurologie am HFR.

Zusätzlich zu einem gesunden Lebensstil ist es wichtig, das Gedächtnis täglich durch anhaltende und motivierende kognitive Aktivität zu stimulieren: Lesen, das Erlernen einer Fremdsprache oder eines Musikinstruments oder die Entwicklung von Gedächtnisstrategien durch Assoziationen von Ideen, Bildern oder Zahlen. Auch Spielen ist eine sehr effektive Methode: Brett- und Kartenspiele, Kreuzworträtsel und Videogames ... All dies regt in einem stimulierenden Setting das Gehirn an und tut unserem Gedächtnis gut! Darüber hinaus reduziert Meditation oder jede andere Form der Aufmerksamkeitsfokussierung Stress und verbessert die Konzentration. Dr. med. Annoni hat noch einen letzten Tipp: «Es gibt das BrainCoach-Programm, das mit einer Art kognitivem Buffet ältere Menschen unterstützen will.»

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