Eine „Reiseleitung“ für die Zeit nach dem Spitalaufenthalt

Ein Spitalaustritt kann für Seniorinnen und Senioren eine echte Knacknuss sein: Muss ich ins Pflegeheim? Dafür brauche ich erstmal einen Platz. Kann ich nach Hause zurückkehren? Nur, wenn ich fit genug bin ... Bei den vielen Möglichkeiten den Überblick zu behalten und die beste Lösung zu finden, ist Aufgabe der Patientenberatung.

Es ist 9.30 Uhr. Wie jeden Donnerstagmorgen nehmen Emilie und Julie, Patientenberaterinnen am HFR Riaz, an der multidisziplinären Sitzung zur Vorbereitung der Visite teil. An dieser besprechen Angehörige der Ärzteschaft, Pflege und Physiotherapie sämtliche Patientinnen und Patienten, die in der Akutabteilung stationär betreut werden.

„Frau B. wird heute Nachmittag nach Freiburg in die Orthopädie verlegt“, beginnt eine Pflegefachfrau. Für Frau E. empfiehlt sie eine Rückkehr nach Hause mit einem wöchentlichen Besuch durch die Spitex. Den beiden Patientenberaterinnen entgeht dabei nicht das kleinste Detail.

Ein Fall nach dem anderen kommt an die Reihe. Bei jedem wird erörtert, wie es mit der Ernährung, der Mobilität, der selbstständigen Medikamenteneinnahme und den kognitiven Fähigkeiten aussieht. Nichts geht vergessen und alle Beteiligten können ihre Meinung einbringen.

Gutes Timing ist alles
Herr D., der auf einen Platz im Pflegeheim wartet, erhält endlich grünes Licht. Frau N. hingegen muss sich noch etwas gedulden. „Da sie alleine lebt, muss alles stimmen, bevor sie nach Hause zurückkehren kann“, erklärt Emilie. Auch der Arzt – er hat das letzte Wort – sieht das so. Ausserdem verschreibt er Frau N. Ergotherapie, „insbesondere für Küchenarbeit und Körperpflege. Wenn alles gut geht, kann sie nächsten Donnerstag nach Hause.“

„Beim Austritt ist der richtige Zeitpunkt das A und O“, sind sich die Patientenberaterinnen einig. „Kommt der Austritt zu früh, besteht das Risiko eines erneuten Spitalaufenthalts; erfolgt er zu spät, leidet die Lebensqualität.“

Worauf es dabei ankommt, weiss Mélanie Menétrey, Verantwortliche der Patientenberatung: „Wir passen uns den Wünschen und Bedürfnissen jeder Person an, um gemeinsam mit den Spitexdiensten oder dem Pflegeheim ein geeignetes Programm zusammenzustellen. Um die Lebensqualität zu verbessern, darf dieses aber weder zu fordernd noch zu leicht sein.“

Netzwerkprofis mit Verhandlungsgeschick
Das Team der Patientenberatung besteht aus 21 Mitarbeiterinnen und einem Mitarbeiter. Fast alle verfügen über ein entsprechendes CAS oder DAS. Die Patientenberatung nimmt an den verschiedenen HFR-Standorten an mehreren Sitzungen pro Woche teil. „Eine Patientin oder ein Patient hat während des gesamten Aufenthalts dieselbe Bezugsperson in unserem Team, ausser sie oder er wird an einen anderen Standort verlegt“, ergänzt Julie. „Wir müssen die Person gut kennen, damit wir uns mit ihren Angehörigen austauschen und tragfähige Netzwerke aufbauen können.“

Situationen analysieren, künftige Entwicklungen abschätzen, verhandeln: Die Rolle der Patientenberaterinnen und -berater ist komplex. Entsprechend viel können sie zum Wohlbefinden der austretenden Seniorinnen und Senioren beitragen. Dabei tauschen sie sich mit pflegenden Angehörigen, Friedensgerichten und Spitexmitarbeitenden aus, um mit guten Argumenten zu einer stimmigen Lösung zu gelangen. „Es bringt zum Beispiel nichts, jemanden im Pflegeheim unterzubringen, der unter der x-ten Lungenentzündung leidet. Man muss die richtigen Ressourcen des Gesundheitsnetzwerks nutzen.“

Und findet sich immer eine Lösung? „Wir haben keine Wahl“, scherzt das Team. „Spass beiseite: Die Suche nach dem besten Weg ist manchmal harzig und braucht Zeit. Zuweilen müssen wir uns auch mit dem kleinsten Übel begnügen. Schliesslich spielen so viele Faktoren mit: das Platzangebot in den Pflegeheimen, der Gesundheitszustand der Person, der dem Heimkehrwunsch im Weg steht usw. Wir müssen flexibel sein.“

Das war insbesondere 2022 der Fall, als sehr viele Patientinnen und Patienten auf einen Platz in einem Pflegeheim warteten. Dabei kamen insgesamt 7252 Pflegetage zusammen (3362 Tage im Jahr 2021). Diese Herausforderung besteht auch 2023 und stellt sich der Patientenberatung und ihren Partnern täglich.

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