Radioaktivität im Dienste der Medizin
Bereits in den 1950er-Jahren erkannten Ärzte und Physiker das Potenzial der kontrollierten Verwendung von schwach dosierten radioaktiven Stoffen. Seither hat die Nuklearmedizin die medizinische Bildgebung revolutioniert. Ein Überblick.
«Wenn Sie heute Ihren Freunden erzählen, dass Sie ein CT machen müssen, schockiert das niemanden mehr. Es ist keine grosse Sache. Werden Sie hingegen für eine Szintigrafie aufgeboten, kann es sein, dass Ihre Angehörigen, Nachbarn oder Kollegen besorgt reagieren. Die Nuklearmedizin macht vielen Angst.» Dr. med. Cristian Antonescu, Stellvertretender Chefarzt und Leiter der Abteilung für Nuklearmedizin des HFR muss noch heute gegen Vorurteile ankämpfen. «Die meisten Leute wissen nicht, dass die Strahlenbelastung bei einer Szintigrafie nur ein Fünftel der Dosis eines CT beträgt. Sie ist vergleichbar mit einer simplen Röntgenuntersuchung. »
Ein Teil der Arbeit des Facharztes und seines Teams besteht daher darin, dem Patienten die Unsicherheit zu nehmen und ihm das Verfahren zu erklären, das sich stark von anderen Bildgebungsmethoden unterscheidet. «Beim Röntgen geht die Strahlung vom Gerät aus und durchdringt den Patienten von aussen. Bei der Szintigrafie wird dem Patienten vorgängig eine radioaktive Substanz – ein sogenanntes Radiopharmakon – verabreicht; die Strahlung geht also von ihm aus. Die als Tracer bezeichnete Substanz im Innern des Körpers sendet Strahlung aus, die von der Gammakamera erfasst und in Bilder umgewandelt wird.» Radiopharmaka haben eine Lebensdauer von nur wenigen Stunden und werden intravenös verabreicht. Der Patient verspürt keine Schmerzen oder Nebenwirkungen.
Die Schweiz ganz vorne mit dabei
Ein weiteres Verfahren, das in der Nuklearmedizin zum Einsatz kommt, ist die PET/CT. Diese verbindet zwei Technologien, nämlich die Positronenemissionstomografie (PET), die den Zellstoffwechsel sichtbar macht, und die Computertomografie (CT), ein Röntgenverfahren, mit dem anatomische Querschnittsbilder gefertigt werden. Die Ergebnisse werden anschliessend zusammengeführt, um die Diagnose zu verfeinern. «Die ersten PET-CT-Geräte der Welt wurden Anfang der 2000er-Jahre in Zürich installiert. Was die Forschung im Bereich der Nuklearmedizin angeht, war die Schweiz schon immer ganz vorne mit dabei», so Dr. med. Antonescu stolz.
Die Nuklearmedizin wendet nicht nur andere Methoden an als die Radiologie, sie liefert auch andere Ergebnisse. «Es handelt sich um eine funktionelle Untersuchungsmethode, das heisst, sie zeigt die Funktion des untersuchten Organs. Damit bietet sie eine Ergänzung zu den radiologischen Untersuchungen, die strukturelle Informationen liefern», führt der Arzt weiter aus.
Diagnosen und Behandlungen
Welches sind die Anwendungsbereiche der Nuklearmedizin? «Über drei Viertel der Untersuchungen betreffen onkologische Erkrankungen. Wir stellen Diagnosen und bestimmen das Stadium des Krebses, beurteilen, wie der Patient auf die Behandlung anspricht, und überwachen mögliche Rückfälle. Bei Prostatakrebs gehört beispielsweise die Knochenszintigrafie zu den Grunduntersuchungen.» Aber auch zur Untersuchung der Myokardperfusion (Durchblutung des Herzmuskels), zur Analyse der Nierenfunktion, zur Feststellung einer Lungenembolie oder zur Abklärung degenerativer Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer kann die Szintigrafie eingesetzt werden.
«Unsere medizintechnische Infrastruktur gehört zu den besten des Landes, Universitätsspitäler eingeschlossen»
Seit 2000 verfügt das Spital ausserdem über einen speziell abgeschirmten Raum, der zur Behandlung von gut- und bösartigen Schilddrüsenerkrankungen dient. Die Abteilung des HFR war die Erste in der Westschweiz, welche die Radiumtherapie zur Behandlung von Knochenmetastasen bei Prostatakrebspatienten durchführte. Bei Menschen mit rheumatologischen Erkrankungen können durch die Injektion von Radioisotopen in die Gelenke Entzündungen gelindert werden.
Im Kanton Freiburg wird die Nuklearmedizin nur am HFR Freiburg – Kantonsspital praktiziert. «Die Investitionen sind beachtlich», erklärt Dr. med. Antonescu. Das HFR verfügt über eine umfassende, topmoderne Ausrüstung: ein abgeschirmter Raum, ein Labor, ein Dosierer/ Injektor, drei Gammakameras (darunter zwei der neuesten Generation) sowie ein PET/ CT-Gerät. «Unsere medizintechnische Infrastruktur gehört zu den besten des Landes, Universitätsspitäler eingeschlossen. Als ich 2003 nach Freiburg kam, wurden hier nur vier Arten von diagnostischen Untersuchungen angeboten. Heute profitieren jährlich rund 2500 Patienten von 35 verschiedenen Untersuchungsmethoden, also dem ganzen Spektrum. Wir arbeiten ausserdem sehr eng mit dem CHUV in Lausanne und dem Inselspital Bern zusammen und geniessen einen hervorragenden Ruf.»