Dem Tod einen Sinn geben
Die Familie von Marie* hat soeben schlimme, endgültige Neuigkeiten erfahren. Marie wird nicht mehr erwachen. Die Gefühle überschlagen sich, viele Fragen tauchen auf und es muss eine Entscheidung getroffen werden: Hätte Marie gewollt, dass ihre Organe gespendet werden?
Die Ärzte und Pflegekräfte der Intensivstation wissen, wie wichtig diese Frage ist und wie schwer sich die Angehörigen oftmals damit tun. Aber eines steht fest: Eine Organspende kann ein Leben retten.
2019 führte das HFR als erstes Nicht-Universitätsspital das Programm «Spende nach dem Herz-Kreislauf-Tod (DCD)» ein. Möglich war dies dank dem Einsatz von Samir Hafdi, Fachexperte für Intensivpflege und Koordinator Organspenden, Govid Sridharan, Chefarzt Intensivpflege und ihrer Teams in Zusammenarbeit mit dem Programme latin du don d’organes (PLDO). Mit diesem Protokoll konnten bereits etwa zehn Menschen durch Organspende gerettet werden – deutlich mehr als in den Vorjahren, weil nun mehr Menschen Spender werden können. Dieser Anstieg wurde 2020 leider durch die Pandemie gebremst. Doch die Spenden nehmen zu.
Zuvor wurden Organe von Spendern nur entnommen, wenn deren Herz noch schlug, sie also hirntot waren. Beim Hirntod sind die Gehirnfunktionen umumkehrbar ausgefallen, das Herz schlägt aber noch für eine gewisse Zeit. Da dies relativ selten vorkommt, ist die Anzahl solcher potenziellen Spender gering.
Bei einer DCD wird die Entnahme auf der Intensivstation durchgeführt, wenn das Herz der Person nach dem Ende der therapeutischen Massnahmen stehen geblieben ist. «Mit der Einrichtung dieses Programms hat das HFR seine Verbindungen zu den Universitätskliniken gestärkt», erklärt Samir Hafdi und weist darauf hin, dass es an strenge Bedingungen geknüpft ist. Zum Beispiel muss die Situation endgültig sein, d. h. es kommt keine therapeutische Option mehr in Frage und die Weiterführung der Reanimationsmassnahmen ist für den Patienten nicht förderlich. Wenn der Patient die Kriterien für einen potenziellen Spender erfüllt, wird abgeklärt, ob er zu Lebzeiten damit einverstanden war, nach dem Tod seine Organe zu spenden – andernfalls ist eine Spende ausgeschlossen. In jedem FallI wird die Familie des Patienten konsultiert, um den Wunsch des Patienten zu ermitteln.
Marie war 60 Jahre alt und hatte einen schweren hämorrhagischen Schlaganfall. Sie war bewusstlos und wurde nur noch von Maschinen am Leben erhalten. Angesichts dieser Tragödie entschieden sich ihre Angehörigen, ihrem Tod einen Sinn zu geben, und genehmigten die Entnahme von Organen, in Übereinstimmung mit ihrem eigenen ausdrücklichen Wunsch. Indem sie ihren letzten Willen respektierte, ermöglichte Maries Familie, das Leben vieler Menschen zu verändern.
* Name geändert
- Das HFR ist ein Zentrum zur Identifikation von Spendern und zur Organentnahme. Die Transplantationen werden in den sechs spezialisierten Zentren der Schweiz durchgeführt: Lausanne (CHUV), Genf (HUG), Bern (Inselspital), Basel, Zürich und St. Gallen.
- Wenn der Patient zu Lebzeiten mit der Organspende einverstanden war, wird dies der nationalen Koordinationsstelle von Swisstransplant gemeldet. Diese prüft die Möglichkeit der Spende und das Vorhandensein möglicher Empfänger. Wenn alle Bedingungen erfüllt sind, kann das Verfahren beginnen. Dieses erfordert eine minutiöse Organisation, denn ab dem Zeitpunkt, an dem die therapeutischen Massnahmen beendet werden, muss im Operationssaal ein Transplantationsteam für die Entnahme bereitstehen, während auf der Intensivstation das Team den Patienten genau überwacht.
Organspender werden
Ab 16 Jahren kann jeder Organspender werden, indem er einen Spenderausweis ausfüllt oder sich online über die Plattform von Swisstransplant registriert, z. B. über das interaktive Terminal in der Eingangshalle des HFR Freiburg – Kantonsspitals.
Mehr Infos auf www.swisstransplant.org