Getrennte Spitalzimmer für Männer und Frauen: wieso eigentlich?

Überlegungen zum Geschlecht sind in den verschiedensten Bereichen aktuell, aber wie sieht es diesbezüglich im Spital aus? Müssen Frauen und Männer in separaten Zimmern untergebracht werden?

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie die Patientinnen und Patienten im Spital auf die Zimmer verteilt werden? Natürlich nach dem entsprechenden medizinischen Fachgebiet, aber welche weiteren Kriterien spielen eine Rolle? „Frauen und Männer werden während des Spitalaufenthalts nie im gleichen Zimmer untergebracht“, betont Aline Schuwey, Pflegedirektorin des HFR. „Aber angesichts der hohen Auslastung der Spitäler, die auch das HFR betrifft, stellt sich zunehmend die Frage nach dem Sinn dieser Praxis.“ Wieso eigentlich diese Geschlechtertrennung? „Es ist eine Frage der Intimsphäre... Ausserdem besteht die Sorge, dass nachts das Risiko besonders hoch ist, dass die Intimsphäre verletzt werden könnte ... “

Dennoch ist die gemischte Unterbringung in einigen Abteilungen die Norm. „Auf der Intensivstation, im Aufwachraum sowie im ambulanten Bereich ist das der Fall“, bestätigt Suzanne Horlacher, Capacity Manager. „Das sind aber Situationen, in denen die Patientinnen und Patienten aufgrund ihres Gesundheitszustands das Bett nur schwer oder gar nicht verlassen können“, fügt Audrey Deléchat, Verantwortliche für das Patientenflussmanagement, hinzu. „Ausserdem werden sie ständig vom Pflegepersonal überwacht.“

Viele verschiedene Kriterien
„Stellen Sie sich ein Viererzimmer vor, in dem drei männliche Patienten liegen“, führt Aline Schuwey aus. „Nun muss eine Frau stationär aufgenommen werden und das einzige freie Bett in der Abteilung befindet sich in eben diesem Viererzimmer. Was machen Sie?“ Diese Frage stellt sich dem Patientenflussmanagement mehrmals am Tag. „Und es gibt noch weitere Kriterien, die berücksichtigt werden müssen“, betonen Suzanne Horlacher und Audrey Deléchat. „Das medizinische Fachgebiet oder die Versicherungskategorie (allgemein, halb-privat oder privat) sind ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger.“ Wenn das Spital voll ausgelastet ist, spitzt sich die Lage zusätzlich zu.

Wie also würden Sie, liebe Leserinnen und Leser, diese Frau unterbringen? „Je nach Situation gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir können versuchen, sie in einer anderen Abteilung aufzunehmen, oder wir verteilen die Männer auf andere Zimmer, damit das Zimmer für die Patientin frei wird“, erklären die beiden Expertinnen für den Patientenfluss. Aline Schuwey gibt jedoch zu bedenken: „Es kommt vor, dass Patientinnen und Patienten während ihres Spitalaufenthaltes mehrmals in ein anderes Zimmer verlegt werden. Das ist aber weder für sie noch für die beteiligten Teams ideal.“ Die Pflegedirektorin erinnert ausserdem daran, dass in der Pflege „der Respekt der Autonomie, der aufgeklärten Einwilligung, der Privatsphäre und der Vertraulichkeit gewährleistet sein muss. Die Meinung der Patientinnen und Patienten muss deshalb unbedingt berücksichtigt werden.“

Nicht mehr nur blau oder orange
Heute jonglieren Suzanne Horlacher und Audrey Deléchat auf ihren Bildschirmen mit blauen und orangen Punkten: blau für die hospitalisierten Männer, orange für die Frauen. Zwei Farben für zwei klar definierte Geschlechter. Aber was ist mit Personen, die sich keinem dieser beiden Geschlechter angehörig fühlen? Wie werden Transpersonen untergebracht? „Bisher sind solche Fälle selten und wir konnten den Personen jeweils ein Einzelzimmer anbieten.“ Auch wenn es in der Praxis noch nicht Realität ist, denkt die Pflegedirektorin an die Zukunft: „Die Spitäler werden sich mit diesen Fragen auseinandersetzen und individuelle Lösungen finden müssen.“

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