Wenn das Loslassen schwerfällt

Die Bevölkerung wird immer älter. Damit sind immer mehr Menschen von Krankheiten wie Demenz oder Depressionen betroffen. Um zu verhindern, dass irgendwann ein Spitalaufenthalt die einzige Lösung ist, sollte man sich rechtzeitig informieren und vorbereiten.

Älter zu werden bedeutet nicht nur, Falten und steife Gelenke zu bekommen. Sehr oft verändert sich im Alter auch die Psyche, was jedoch gerne verharmlost wird. So stehen auf der Liste der Alterserscheinungen neben Demenz auch Depressionen, Ängste, Verschlossenheit und Schlafstörungen. Dr. med. Philippe Balmer, Leitender Arzt der geriatrischen Rehabilitation am HFR Tafers, ordnet ein.

„In unserer Gesellschaft gibt es viele Vorurteile darüber, was es bedeutet, alt zu werden“, erklärt er. Und diese Klischees führen dazu, dass wir Probleme bagatellisieren. Verliert eine ältere Person zum Beispiel an Gewicht, gilt das als normal, weil man davon ausgeht, dass der Appetit mit dem Alter abnimmt. Ebenso nimmt man Rücken- oder Knieschmerzen als unvermeidliche Begleiterscheinungen des Älterwerdens hin.

„Werden diese Symptome jedoch allzu augenfällig, sollte man sie untersuchen.“ Depressionen zum Beispiel sind bei älteren Menschen weitverbreitet, bleiben aber oft unbemerkt. „Dass Jugendliche Suizid begehen, ist ein Dauerthema. Aber auch Seniorinnen und Senioren können ihrem Leben ein Ende setzen, mit mehr ‚Erfolg‘.“ Der Verlust der Selbstständigkeit sowie Schwierigkeiten im Alltag kommen zu den üblichen Faktoren hinzu, die zu einer Depression führen. „Das Alter ist nur einer von vielen Risikofaktoren, aber ein besonders schwerwiegender“, betont der Fachmann. „Die Leute fühlen sich zu nichts mehr nütze, ziehen sich zurück, werden ängstlich usw. Das lässt sich behandeln, aber dazu muss man Hilfe annehmen und sich eingestehen, dass man ein Problem hat.“

Bei Demenz ist die Situation klarer. Heute sind fast fünf Prozent der Betagten davon betroffen – ein Anteil, der mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung weiter steigen wird. „Gleichzeitig haben wir insbesondere in den Spitälern eine verzerrte Wahrnehmung, weil wir hier hauptsächlich diese Bevölkerungsgruppe behandeln. Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch ganz viele ältere Menschen gibt, denen es gut geht. Älter werden heisst nicht nur abbauen!“

Wenn es nach dem Geriatrieexperten geht, sollten wir alle uns auf den letzten Lebensabschnitt vorbereiten. „Zu wissen, was jemandem wichtig ist, ermöglicht es dem Pflegepersonal und dem Netzwerk, bei der Behandlung die richtigen Prioritäten zu setzen. Sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten, hilft auch zu verhindern, dass irgendwann ein Spitalaufenthalt die einzige Lösung ist.“

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