Wenn der Optimismus auf die Probe gestellt wird

«Ich habe Glück gehabt», sagt L. G., eine fröhliche junge Mutter von zwei Kindern, die in der Vergangenheit einiges durchmachen musste. Alles beginnt Anfang 2012, als bei ihr die Krankheit Morbus Hodgkin diagnostiziert wird. «Dabei handelt es sich um eine Krebserkrankung, die das Lymphsystem angreift. Wird der Krebs früh genug erkannt, ist er durchaus heilbar», erklärt die Patientin. «Für mich stand immer fest, dass ich wieder gesund werde. Die Ärzte sprachen auch immer von Krankheit und nicht von Krebs. Die Wortwahl macht einen grossen Unterschied.»

Leider können die Chemo- und Strahlentherapien bei Frauen dazu führen, dass die Menopause frühzeitig eintritt. Ein grosses Problem für die junge Frau: «31 Jahre ist zu jung, um definitiv mit der Familienplanung abzuschliessen.» Dr. med. Marc Küng und Dr. med. François Pugin, Leitende Ärzte der Onkologie und der Allgemeinen Chirurgie am HFR Freiburg – Kantonsspital, schlugen der Patientin daher eine Methode zur Erhaltung ihrer Fruchtbarkeit vor. «Sie leiteten mich an Prof. Dr. med. Anis Feki, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, weiter, der mir die Entnahme von Ovarialgewebe erklärte». Bei dieser noch relativ unbekannten Methode wird Gewebe aus den Eierstöcken entnommen, bevor es durch die Krebsbehandlung verändert wird. Ist die Patientin geheilt, wird das Gewebe wieder implantiert. Weltweit kamen dank dieser Technik, die auf neusten Erkenntnissen im Bereich der Onkofertilität basiert, bereits etwa 30 Kinder zur Welt.

Als bei L. G. eine Operation ansteht, um einen Portkatheter zu legen (ein kleines Gehäuse, das unter die Haut gesetzt wird und über das die Chemotherapien verabreicht werden), nutzt L. G. die Gelegenheit, um sich Ovarialgewebe entnehmen zu lassen. Dieses wird eingefroren und aufbewahrt, bis es nach Abschluss der Therapie wieder implantiert werden kann.

Der Wunsch nach einem dritten Kind kam erst Ende 2013 auf und wurde 2016 immer stärker. «Doch zu diesem Zeitpunkt traten bei mir die ersten Symptome der Menopause auf: Hitzewallungen, Gewichtszunahme, Reizbarkeit usw. Das war körperlich und psychisch schwer zu ertragen», erklärt die junge Mutter. Dann setzte die Regelblutung vollständig aus: «Da machte ich mir keine Illusionen mehr und musste mir eingestehen, dass die Menopause eingetreten ist.» Nur eine Hormonersatztherapie kann die Symptome lindern. Bis zum 20. Juni 2017, der alles veränderte: Prof. Dr. med. Feki implantiert ihr das fünf Jahre zuvor entnommene Ovarialgewebe. L. G. ist die erste Patientin in der Schweiz, bei der diese Methode zum Erhalt der Fruchtbarkeit angewandt wird, ‒ ist man da nicht nervös? «Überhaupt nicht, ich habe erst einige Minuten, bevor ich in den OP gebracht wurde, davon erfahren», antwortet sie lachend. «Mein Körper hat sehr gut darauf angesprochen: Die Symptome der Menopause sind Schritt für Schritt verschwunden und mein Menstruationszyklus hat sich wieder eingestellt!»

"Dank Prof. Dr. med. Feki darf ich hoffen, eines Tages wieder Mutter zu werden"

Für L. G. ist ihre Geschichte eine Abfolge von glücklichen Zufällen: «Dank Dr. med. Küng und Dr. med. Pugin habe ich Prof. Dr. med. Feki getroffen und darf nun weiterhin hoffen, eines Tages wieder Mutter zu werden. Ich bin von Natur aus optimistisch und die positive Einstellung von Prof. Dr. med. Feki hat mir sehr geholfen. Ich bin ihm für sein Wohlwollen äusserst dankbar. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und ich habe unseren ausgezeichneten Kontakt sowie seine bescheidene, lustige Art sehr geschätzt. Ich möchte ausserdem den Teams des HFR Freiburg – Kantonsspitals danken, die sich um mich gekümmert haben. Dank ihnen habe ich mich trotz allem immer wohlgefühlt.» Und wer weiss, vielleicht macht eine freudige Nachricht schon bald das Glück der Familie komplett? Wir würden es ihr wünschen.

 

H24 NR.6 / Frühling 2018