Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung: ein unaufhaltsamer Trend

Seit Anfang der 2000er-Jahre gewinnt die ambulante Versorgung gegenüber der stationären Betreuung an Boden. Ein Trend, der dank des Fortschritts in der Medizintechnik auch in Zukunft weiter zunehmen wird.

Die ambulante Versorgung ist auf dem Vormarsch. Dank des Fortschritts in der Medizintechnik können immer mehr und immer komplexere Operationen ohne einen anschliessenden Spitalaufenthalt durchgeführt werden. Angesichts des wirtschaftlichen und politischen Drucks, unter dem das Gesundheitssystem steht, bestimmt dieser Trend die Spitalversorgung der Zukunft.

„Weniger invasive Techniken wie die Laparoskopie oder die Arthroskopie ermöglichen eine schnellere Genesung nach dem Eingriff. Die Patientinnen und Patienten können sich zu Hause besser erholen und laufen weniger Gefahr, im Spital mit sogenannten nosokomialen (spitalinternen) Keimen in Kontakt zu kommen”, erklärt Annamaria Müller, Präsidentin des HFR-Verwaltungsrats.

Doch diese positiven Faktoren für die Patienten sind nicht alleine für den Trend zur Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung verantwortlich, der seit den 2000er-Jahren anhält. Politische Entscheidungen haben die Entwicklung unterstützt. „Der erste Schritt war die Einführung der Tarmed-Tarifstruktur”, führt Marc Devaud, Generaldirektor des HFR, aus. „Dahinter stand die Absicht, die Kosten des Gesundheitswesens zu dämpfen und etwas Ordnung in die Bewertung bestimmter medizinischer Handlungen zu bringen.”

Die Kantone am Zug

Auch die Einführung eines neuen Systems zur Spitalfinanzierung im Jahr 2012 spielte eine Rolle. Laut Marc Devaud hatte dies den Effekt, dass bestimmte Operationen finanziell interessanter waren, wenn sie stationär durchgeführt wurden. „Insbesondere, wenn die Patientinnen und Patienten zusatzversichert waren”, merkt Annamaria Müller an.

Die Kantone, die bei einem Spitalaufenthalt 55 Prozent der Rechnung übernehmen, während ein ambulanter Eingriff vollständig von den Krankenkassen bezahlt wird, reagierten schnell: „Luzern war der erste Kanton, der gesetzlich festlegte, dass er für eine bestimmte Liste von Operationen, die ambulant durchgeführt werden können, keine Spitalaufenthalte mehr bezahlt”, erklärt die Verwaltungsratspräsidentin. Andere Kantone folgten diesem Beispiel, ebenso wie der Bund im Jahr 2018. Mit der Weiterentwicklung der Medizintechnik wird die Liste dieser Eingriffe immer länger.

Betten sinnvoll nutzen

„Die zunehmend ambulante Versorgung wirkt sich nicht nur auf die Kosten aus. Sie hilft auch, Kapazitäten für die stationäre Betreuung schwererer Fälle freizuhalten. Angesichts der aktuellen Situation, in der es den Spitälern chronisch sowohl an Betten als auch an Pflegepersonal mangelt, ist dies ein wichtiger Faktor”, so Annamaria Müller weiter.

Wie passt sich das HFR an diese Veränderungen an? Marc Devaud: „Das Spital in Freiburg ist über 50 Jahre alt. Die Gebäude wurden nicht für eine ambulante Versorgung konzipiert. Die Idee ist also, ein neues Spital zu bauen, in dem die ambulanten und die stationären Behandlungspfade klar getrennt sind.” Letztere sollen nur der Akutversorgung gewidmet sein.

„Für eine gute Verwaltung der Spitalbetten brauchen wir Lösungen, wie wir Patienten, deren Zustand es erlaubt, aus dem Spital bringen”, ergänzt Annamaria Müller. Derzeit werden Überlegungen über Zwischenstrukturen angestellt. „Am CHUV in Lausanne gibt es zum Beispiel ein Patientenhotel, das es den Patienten ermöglicht, einige Nächte in unmittelbarer Nähe des Spitals zu bleiben und bestimmte Pflegeleistungen

in Anspruch zu nehmen.”

Die Versorgung koordinieren

In den verschiedenen Regionen des Kantons werden Gesundheitszentren das Angebot des HFR ergänzen. „Die Menschen werden näher an ihrem Wohnort Zugang zu Behandlungen haben, die keine komplexe Infrastruktur erfordern”, erläutert der Direktor des HFR. „Chemotherapien oder Untersuchungen wie Koloskopien oder Endoskopien können beispielsweise in Riaz, Tafers oder Meyriez durchgeführt werden.”

In Zukunft sollen diese Gesundheitszentren auch eine wichtige Rolle bei der Koordinierung der Gesundheitsversorgung spielen. „Das ist eine der grössten Herausforderungen im ambulanten Bereich”, betont Marc Devaud. „Die Patientin oder der Patient muss selbst aktiv werden, Entscheidungen treffen und Termine koordinieren. Der Hausarzt könnte diese Rolle übernehmen, aber da es immer weniger von ihnen gibt, müssen wir uns anpassen und andere Lösungen anbieten. Das Gesundheitszentrum ist ein Teil davon.”

 

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