Bei vollem Bewusstsein auf der Intensivstation

Anfang April 2020 kam Pierre Buntschu auf die Intensivstation des HFR Freiburg – Kantonsspitals. Er erinnert sich an jedes Detail, denn der Freiburger Unternehmer war während seines gesamten Spitalaufenthaltes bei vollem Bewusstsein. Er hat mit uns über diese aussergewöhnliche Erfahrung gesprochen.

«Ich fühlte mich schon seit einigen Tagen nicht gut und wurde zu Hause positiv auf Covid-19 getestet», erzählt Pierre Buntschu. «Eines Nachts bin ich im Badezimmer gestürzt und habe mich schwer am Kopf verletzt. Meine Frau verständigte den Notruf 144 und eine Ambulanz brachte mich ins Spital. Ab diesem Moment kümmerte man sich bestens um mich.»

Denn obwohl der Freiburger Schmerzen hat, fällt ihm die kompetente Versorgung auf. Er erinnert sich insbesondere daran, wie einfühlsam die Rettungssanitäter waren, als er sich von seiner Frau Chantal verabschiedete; diese dachte, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Auch die Effizienz und die Professionalität der Teams in der Notaufnahme beeindruckten ihn. Nach einigen Analysen steht fest, dass er Intensivpflege benötigt.

Pierre Buntschu ist entschlossen, dass er nicht intubiert werden will. Die Erinnerung an seinen Bruder, der wegen Lungenkrebs intubiert werden musste und schliesslich verstarb, ist ihm noch sehr präsent. Immer wieder wiederholt er seinen Entschluss, bis man ihn schliesslich sanft daran erinnert, dass «nicht er der Chef ist». Das Ärzte- und Pflegeteam bietet ihm das High-Flow-System an, das Sauerstoff in hoher Konzentration verabreicht, also eine nicht invasive Beatmung. «Die Maske bedeckte fast mein gesamtes Gesicht. Das war sehr bedrückend. Wenn ich kein Taucher wäre, hätte ich das nicht ausgehalten», berichtet Pierre.

Die Zeit auf der Intensivstation ist sehr schwierig für ihn. Einerseits weil er an verschiedenen anderen Erkrankungen leidet, wie einer schweren akuten Atemnot, schnellem Vorhofflimmern, einer Leberschädigung sowie einer Schleimbeutelentzündung am linken Knie. Andererseits weil er nicht intubiert und deshalb die ganze Zeit bei Bewusstsein ist und alles mitbekommt: seine Frau, die am Telefon weint, aber auch die Gespräche der anderen Patienten und die Diskussionen der Ärzte.

Fast zehn Tage vergehen, bis es Pierre langsam bessergeht. Und er macht schon wieder Witze, auch wenn diese nicht immer verstanden werden: «Bei einer Nackenmassage habe ich der Pflegefachfrau gesagt, dass die ätherischen Öle statt nach Lavendel oder Mandarine eher nach Kamel- und Kaninchenkot riechen würden. Aber sie hat nicht gelacht, sondern sich Sorgen um meinen Zustand gemacht.»

«Ich habe mich sehr schnell erholt und hatte keine Folgeschäden, mit Ausnahme der Angst. Ich bin jeden Tag spazieren gegangen, zuerst zwei Minuten, dann drei, dann zwanzig und bald konnte ich problemlos wieder mehrere Stunden gehen. Ich hatte wirklich Glück; die Teams des HFR haben mein Leben gerettet und dafür bin ich ihnen unendlich dankbar», sagt Pierre Buntschu. Die Erinnerung an diese Zeit ist für ihn nicht einfach und sehr emotional. Ein Ereignis ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: «Als ich für einen Medienbericht zurück in die Intensivstation ging, hat mich Dr. Govid Sridharan, der Leiter dieser Abteilung, regelrecht mit Desinfektionsmittel abgeduscht, bevor er dasselbe bei sich machte. Und dann hat er mich umarmt. Das hat mich sehr berührt.»

Anfang Mai 2020 kehrt der Unternehmer an seinen Arbeitsplatz zurück und erlebt die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Pandemie. Jetzt heisst es, doppelt so viel Einsatz zeigen, um die Maschine wieder zum Laufen zu bringen. Doch heute hat der Freiburger andere Prioritäten und überlegt, in Frührente zu gehen. Nach allem, was er erlebt hat, möchte er das Leben in vollen Zügen geniessen: «Ich will meine Enkelkinder sehen: meinen Enkel Clément, meine Enkelin Nora, die kurz nach meiner Einweisung geboren wurde, und ein weiteres Enkelkind, dass schon bald das Licht der Welt erblicken wird. An sie habe ich während meines Spitalaufenthalts gedacht und sie haben mir Kraft gegeben, um die Krankheit zu besiegen. Meine Frau und meine Familie sind das beste, was ich habe.»

H24/Herbst 2021