H24 • N°8 - FRÜHLING • 2019

KOMPLEMENTÄRMEDIZIN – AUCH IM SPITAL

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KOMPLEMENTÄRMEDIZIN – AUCH IM SPITAL

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Die Komplementärmedizin und die klassische Schulmedizin hatten in den vergangenen Jahrzehnten ein – nennen wir es – angespanntes Verhältnis.
Die Schulmedizin begreift Krankheit häufig als isolierte Störung des Organismus und versucht diese gezielt und punktgenau zu beheben. Grundsätzlich kommen dabei Methoden zur Anwendung, die nach naturwissenschaftlichen Kriterien untersucht und deren Wirksamkeit nachgewiesen wurde.

Dem gegenüber betrachten die meisten komplementärmedizinischen Heilverfahren eine Krankheit in einem ganzheitlichen Kontext und versuchen den ganzen Menschen wieder in eine gesunde Balance zu bringen. Ein Konzept, das vielen Ärzten Kopfzerbrechen bereitet und häufig auf Ablehnung stösst. Und ich gebe zu, auch ich bin der Komplementärmedizin jahrelang eher kritisch gegenüber gestanden. Doch wie so oft hat mich meine Ehefrau eines Besseren belehrt. Als Narkoseärztin war sie einige Jahre in der geburtshilflichen Anästhesie tätig.

Die Geburtshilfe ist für medizinisches Personal und Patientinnen (nicht zu vergessen die anwesenden Partner) immer mit besonderem Stress verbunden. Bei ernsten Zwischenfällen sind häufig zwei Leben gefährdet, die Situation unterliegt einer besonderen Dynamik und kann sehr schnell hektisch werden. Trotzdem werden in der Geburtshilfe Anwendungen der Komplementärmedizin zum Schutz von Mutter und Kind nur selten gemacht; üblicherweise wird eine Regionalanästhesie (der Stich in den Rücken) durchgeführt. Was also einige Minuten zuvor eine ruhig verlaufende, natürliche Geburt hätte sein sollen, kann für die werdende Mutter plötzlich zum wach erlebten Albtraum werden. In diesem Umfeld hat sich meine Frau der Hypnose zugewandt. Dabei soll die Hypnose nicht etwa die Regionalanästhesie ersetzen – diese ist auch weiterhin notwendig –, sondern der Patientin und ihrer Begleitung in dieser ausgesprochen beängstigenden Situation eine psychische Stütze sein. Die konventionelle Anästhesie sorgt für einen schmerzfreien Eingriff; Methoden der Hypnose tragen dazu bei, dass die Patientin das belastende und ausgesprochen beängstigende Erlebnis psychisch gut überstehen kann. Die positiven Rückmeldungen der Patientinnen sprechen für sich, und gerade im Fachgebiet der Anästhesie breitet sich die Hypnose als Ergänzung zu konventionellen Methoden immer weiter aus: Die Angst vor dem Einschlafen bei Vollnarkosen kann gelindert und das Erleben der Aufwachphase aus der Narkose verbessert werden. Schwer kranke Patienten auf Intensivstationen kann bei Schmerzen, Ängsten oder Verwirrtheit geholfen werden. Bei schmerzhaften Verbandwechseln kann dank Hypnose auf eine Narkose verzichtet werden.

Die Beispiele zeigen, wie sich die Schul- und Komplementärmedizin trotz unterschiedlicher Denkansätze sinnvoll ergänzen und für den Patienten einen Mehrwert schaffen können.

Lesen Sie in unserem Schwerpunktthema, wo und wie die Komplementärmedizin am HFR ergänzend zur Schulmedizin zur Anwendung kommt. Viel Spass bei der Lektüre!

Dr. med. Ronald Vonlanthen, Medizinischer Direktor

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